Die Regierungsfraktionen sind sich einig, dass im Land Lehrerstellen wegfallen können. Es ist unklar wo. Rund 10.000 Stellen sind nicht im Unterricht angesiedelt.

Stuttgart - Um die Einsparungen der Lehrerstellen entbrennt eine heftige Auseinandersetzung. Die Lehrerverbände sehen gar keinen Spielraum, doch die Koalition scheint weitgehend einig. Nachdem am Donnerstag Edith Sitzmann, die Fraktionschefin der Grünen, verkündet hatte, es sei moderat, im kommenden Jahr tausend, und ein Jahr später 1200 frei werdende Lehrerstellen nicht mehr zu besetzen, stimmte gestern Claus Schmiedel, der Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, ein. Er nannte das Vorhaben „vertretbar“ und ist „ganz sicher, es gibt Effizienzreserven im System“. Allerdings brauche es Zeit, das System genau zu überprüfen.

 

Schon in der Kommission für Haushalt und Verwaltungsstruktur (KHV) hätten er und Sitzmann den Plan von Finanzminister Nils Schmid (SPD) abgelehnt, 2013 bereits 1700 Lehrerstellen zu streichen. Das sahen jetzt die Regierungsfraktionen in ihren Klausurtagungen genauso.

Die Kultusministerin Gabriele Warminski-Leitheußer (ebenfalls SPD) steht mit ihrem Haus nun vor einer „Riesenaufgabe“. Das oberste Ziel sei, dass kein Unterricht ausfalle, also müsse anderswo gespart werden. Zur Unterrichtsversorgung zählt sie neben dem Pflichtunterricht Angebote aus dem Ergänzungsbereich wie die Sprachförderung in der Grundschule. Auch diese müsse gesichert werden.

Die Arbeitszeit der Lehrer wird nicht erhöht.

Die Ministerin schloss aus, dass die Arbeitszeit der Lehrer erhöht werde, „es wird auch keine Erhöhung der Wochendeputate geben“, sagte Warminski-Leitheußer. Unter die Lupe nehmen will sie die rund 10 000 Stellen, die für Aufgaben außerhalb des Unterrichts verwendet werden. Die Ministerin kündigte auch an, „die Struktur der Aufgabenerfüllung“ zu untersuchen. Ziel ist, Doppelbefassungen zu vermeiden, zum Beispiel in der Schulverwaltung. Künftig soll es auch eine regionale Schulentwicklung geben, in der Schulen und Klassen auf ihre wirtschaftliche und pädagogische Effizienz untersucht werden. Im Herbst sollen Eckpunkte vorliegen. Die Ministerin betonte aber, „die regionale Schulentwicklung ist kein Einsparprogramm“. Sie rechnet damit, dass dadurch in den kommenden fünf bis acht Jahren allenfalls 1500 Stellen frei werden könnten.

Auch wenn sie an die Arbeitszeit nicht rühren will, wird Warminski-Leitheußer demnächst „mit den Verbänden über einen Beitrag der Lehrer diskutieren“. Die Grünen hatten bereits erklärt, man müsse über die Altersermäßigungen bei den Unterrichtsverpflichtungen diskutieren.

Bis 2020 werden 11 600 Lehrerstellen abgebaut

Schmiedel hält wie die Grünen an dem Plan fest, bis 2020 insgesamt 11 600 Lehrerstellen abzubauen. Das wären pro Jahr im Durchschnitt 1450 Stellen, rechnet er vor. Nach dem Einstieg in den kommenden beiden Jahren müsse dann ein Schnitt folgen, der das Ziel erreichbar mache. Er versicherte aber, „alle Schulen bekommen die Lehrer, die sie brauchen“. Auch wenn zunächst unterdurchschnittlich gestrichen werde, ist Schmiedel davon überzeugt, dass die Koalition ihre Einsparziele erreiche. „Natürlich kriegen wir das hin“, sagte der Fraktionschef zu den Plänen, im kommenden Jahr 550 Millionen und im Jahr 2014 rund 800 Millionen Euro einzusparen.

Schmiedel, der sich im Vorfeld der Haushaltsaufstellung teilweise demonstrativ auf die Seite der Beschäftigten gestellt hat, hält es für nicht sonderlich dramatisch, die Eingangsbesoldung junger Beamter in den ersten drei Jahren um vier Prozent zusenken. Das werde niemanden davon abhalten, Lehrer zu werden, sagte der frühere Berufsschullehrer. Er verwies darauf, dass andere Hochschulabsolventen sich häufig mit Praktika über Wasser halten müssten. Da seien die jungen Beamten deutlich bessergestellt.

Lehrerverbände laufen Sturm

Die Berufsschullehrerverbände zeigten sich empört über den Vorstoß der Grünen, die Altersermäßigung zu streichen. Überhaupt seien im beruflichen Bereich angesichts eines strukturellen Unterrichtsdefizits von vier Prozent Stellenstreichungen nicht zu verantworten, betont die Verbandsvorsitzende Margarete Schäfer.

Doro Moritz, die Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), kritisierte, es sei völlig unklar, wo die Stellen gestrichen werden sollten. Das Einzige was klar sei, sei die Anzahl. Die Ministerin müsse nun klar sagen, welche Reformen sie bis zum Jahr 2016 umsetzen wolle. Mit den jetzigen Plänen könnten die meisten Reformen der Landesregierung nicht umgesetzt werden. Grün-Rot breche mit dem eigenen Koalitionsvertrag. Wenn die Koalition nur einen kleinen Teil ihrer Reformen umsetzen wolle, könnten bis 2016 keine Stellen gestrichen werden.

Indes kündigte die Kultusministerin an, dass bis jetzt hundert weitere Schulen interessiert seien, im Schuljahr 2013/14 eine Gemeinschaftsschule zu werden. Die 42, die im September angefangen haben, erhielten 79 Stellen zusätzlich.