Stephan Hilpert räumt derzeit mit seinem Dokumentarfilm „Congo Calling“ bei Filmfestivals Preise ab. Jetzt war der Heimsheimer in Weil der Stadt zu Besuch.

Weil der Stadt - Hier hat sich ja nichts geändert! Stephan Hilpert läuft über den Schulhof des Weiler Johannes-Kepler-Gymnasiums und fühlt sich wieder wie früher. Die Gebäude, das Gelände, die Klassenzimmer sehen noch so aus wie vor 19 Jahren, als Hilpert hier Abitur gemacht hat. Jedenfalls fast.

 

Stephan Hilpert geht im Altbau ein paar Treppen runter. „Gasübergaberaum“ steht auf einer Tür. „Hier war der Raum für unsere Film-AG“, berichtet er. Quasi der Grundstein für die große Karriere als Dokumentarfilmregisseur. „Congo Calling“ heißt sein aktuelles Werk, in dem er drei Entwicklungshelfer in dem afrikanischen Staat porträtiert.

Vor vier Wochen war Kinostart, seitdem tourt Hilpert durchs Land und zu den wichtigen Filmfestivals. Unter anderem gab’s in Saarbrücken schon den Max-Ophüls-Preis, einen der wichtigsten Preise für Nachwuchsfilmer.

Dass er einmal eine solche Karriere ins Rollen bringen würde, hätte Johannes Gienger sicherlich nicht gedacht. Damals, in der 9. Klasse, war Gienger Stephan Hilperts Geschichtslehrer. Für ein Projekt fuhren sie ins Landesmuseum für Technik und Arbeit in Mannheim. Es gab keinen trockenen Unterricht, sondern sie drehten einen Dokumentarfilm über die Industrialisierung im 19. Jahrhundert. „Das hat uns damals so viel Spaß gemacht, dass wir weitergemacht haben“, erinnert sich Hilpert, der in Heimsheim aufgewachsen ist und in Weil der Stadt zur Schule ging.

Schüler der Oberstufe schauen „Congo Calling“ an

Das ist lange her. „Es ist Wahnsinn, wieder hier an der Schule zu sein“, sagt der Regisseur jetzt und blickt in die Augen der heutigen Abiturienten am Weiler Gymnasium. Die Schüler der Oberstufe haben sich versammelt, um gemeinsam „Congo Calling“ anzuschauen und über Entwicklungshilfe zu diskutieren. „Hatten Sie keine Angst, dort herumzureisen und zu filmen?“, will einer der Schüler wissen.

„Wir waren ja immer mit unseren kongolesischen Freunden unterwegs, die genau wussten, was sie tun“, berichtet Hilpert über die Dreharbeiten. Sie waren immer zu zweit: der Kameramann und er. Drei Entwicklungshelfer begleiteten sie, drei Sichtweisen auf das Land, drei Perspektiven auf das Zusammenleben und Zusammenarbeiten zwischen Europa und Afrika – und die Frage: Wie hilfreich ist Entwicklungshilfe?

Nach Weil der Stadt haben sie sich dazu auch Christoph Hoffmann eingeladen, Bundestagsabgeordneter der FDP und entwicklungspolitischer Sprecher seiner Fraktion. „Der Kongo ist eines der reichsten Länder der Erde an Bodenschätzen, und trotzdem gibt es dort große Hungersnot“, sagt der Politiker. „Unser Ansatz ist es, Strukturen zu schaffen, damit lokale Unternehmen Fuß fassen.“

Einfach ist eine Antwort auf die Frage nach der Entwicklungshilfe nicht. Das vor allem will Stephan Hilpert zeigen. „Ich hoffe, dass man sieht, wie kompliziert das Thema ist“, sagt er den Schülern in Weil der Stadt. „Die Welt ist nicht so einfach, dass wir einfach an eine Kontonummer Geld spenden, und dann sind alle Probleme gelöst.“

Nach dem Abi in Weil der Stadt studiert er in München

„Congo Calling“ ist der Abschlussfilm von Stephan Hilperts Studium. Nach dem Abi in Weil der Stadt hat er Dokumentarfilmregie an der Hochschule für Fernsehen und Film München studiert und dann an der Universität Cambridge eine filmwissenschaftliche Promotion verfasst.

Und dabei natürlich all die Erfahrungen aus Weil der Stadt einfließen lassen. Die Werke der damaligen Film-AG sind heute noch legendär. Über das Würmtal haben sie eine Doku gedreht, dazu einen Spielfilm über einen Unfall im Chemiesaal. „Ja“, erinnert sich Hilpert und schmunzelt. „In den Ferien haben wir damals nachts im Chemieraum gedreht.“

Irgendwann hatte dann auch die Schulleitung ein Einsehen. „Dann haben wir einen modrigen Kellerraum bekommen“, erzählt er. „Wir haben ihn gestrichen und einen Computer für den Schnitt der Filme reingestellt.“ Mit einem Film über die Geschichte Weil der Stadts – immerhin war der Marktplatz damals voller verkleideter Komparsen – hatten sie sogar Geld verdient. „Davon haben wir dann eine bessere Kamera gekauft“, berichtet der 39-Jährige.

Dass eine Film-AG damals unkonventionell war, bestätigt Hermann Faber, der damalige Schulleiter, der zu Hilperts Vorführung gekommen ist. „Zu einem qualifizierten Unterricht gehören aber solche AGs, die die Begabungen der Schüler ansprechen“, sagt der Pädagoge. Freilich: „Dass sich Herr Hilpert so entwickelt, konnten wir damals nicht erwarten.“