Kirchengemeinderat Gerhard Kiefer hat durch die Stephanuskirche geführt.

Stuttgart-Vaihingen - Die Stephanuskirche in Dürrlewang ist eine sehr moderne Kirche, denn wie die Siedlung ist auch das Gotteshaus erst ein paar Jahrzehnte alt. Aufgrund von Platzmangel in Rohr und Möhringen entstand die Idee, eine neue Wohnsiedlung zu bauen. 1956 wurde Dürrlewang in kürzester Zeit hochgezogen. Im Sommer 1957 bezogen die ersten Bewohner ihre Wohnungen. „Kurz nach dem Errichten der Siedlung kam der Wunsch nach einem Gemeindezentrum mit einer Kirche, einem Kindergarten und einem Gemeindesaal auf“, erklärt Kirchengemeinderat Gerhard Kiefer den rund 30 Anwesenden auf einer Kirchenführung am vergangenen Sonntag.

 

Unter dem Architekt Wolf Irion, der den Architektenwettbewerb gewonnen hatte, wurde das Gemeindezentrum in verschiedenen Bauabschnitten errichtet. Im März 1961 wurden der Kindergarten und das Gemeindehaus mit 150 Sitzplätzen eingeweiht. Fünf Jahre später folgte die evangelische Stephanuskirche, zu der ein 34,5 Meter hoher, frei stehender Glockenturm gehört.

Zusammengehörigkeitsgefühl spiegelt sich in der Kirche wider

Viele der ersten Bewohner Dürrlewangs – die meisten stammten aus Stuttgart – hatten ihre Wohnungen und Häuser im Zweiten Weltkrieg bei Luftangriffen verloren und fanden in der Siedlung ein neues Zuhause. Mit den ersten Wohnblocks wurden auch Sozialwohnungen errichtet. „Dieser Umstand führte dazu, dass die Dürrlewanger Bewohner von den Nachbarstadtbezirken ausgegrenzt und diskriminiert wurden“, weiß Kiefer.

Hans Wörner, der erste Pfarrer der evangelischen Gemeinde, wollte unter den Dürrlewangern ein Zusammengehörigkeitsgefühl schaffen. Dieses spiegelt sich auch in der Kirche wider. Die 500 Sitze sind halbrund angeordnet und statt eines Mittelgangs gibt es zwei Seitengänge. „Das schafft Geschlossenheit und Gemeinschaft“, sagt Kiefer.

Viele theologische Überlungen stecken in der Architektur der Kirche. Der Grundriss des Gebäudes ist ein Sechseck, das zum Altar hin schmäler wird. „Die Zahl Sechs steht in der altertümlichen Zahlensymbolik für die Schöpfungsgeschichte, da Gott die Welt in sechs Tagen erschaffen hat“, erklärt Kiefer. Das Dach des Gotteshauses gleicht einem Zelt, das seinen höchsten Punkt über dem Altar, der Kanzel und dem Taufstein hat. „Für die Kirche ist das Zelt ein Symbol dafür, in dieser Welt in Bewegung zu bleiben und nicht still zu stehen“, sagt Kiefer. Ungewöhnlich ist das hängende Kreuz, denn sein Querbalken ist proportional zum Längsbalken sehr lang. „Das ist ein Hinweis auf Christus, der uns in seine offenen Arme nimmt“, erklärt der Kirchengemeinderat.

Die Gemeinden Dürrlewang und Rohr fusionieren

In den Jahren 1996 und 1997 übernahm der Architekt Horst Nanz die Innenrenovierung der Stephanuskirche. Die dunkle Einrichtung musste einer hellen weichen. „Die anfängliche Beunruhigung der Kirchengänger über die Veränderungen ist längst verklungen“, so Kiefer. Lediglich das moderne Altarbild des freischaffenden Stuttgarter Künstlers Bernhard Huber sei immer noch umstritten.

Mit seinem farbigen Teil, der je nach Liturgie austauschbar ist, setzt das sonst in grau und schwarz gehaltene Kunstwerk einen Kontrastpunkt zur hellen Einrichtung der Kirche. Das Bild lässt den rund 1100 Gemeindemitgliedern viel Spielraum für Interpretationen. Der Künstler selbst möchte sich nicht zu seiner Intention äußern.

Benannt ist die Dürrlewanger Kirche nach Stephanus, der, wie Laurentius, der Namensgeber der Rohrer Kirche, ein Märtyrer war. Und nicht nur diese beiden Männer verbinden die beiden Kirchen miteinander. Im nächsten Jahr werden die Gemeinden Dürrlewang und Rohr fusionieren.