Stephen King: Erhebung Eine Weihnachtsgeschichte vom Altmeister des Horrors

Was ist denn mit Stephen King los? Die jüngste Erzählung aus der Feder des Altmeisters hat mit Horror und Grusel nur noch wenig zu tun. Dafür ist sie so politisch wie selten zuvor – Donald Trump sei Dank.
Stuttgart - Was ist in Castle Rock, der fiktiven Kleinstadt in Neu England, nicht schon alles passiert. Cujo, der tollwütige Bernhardiner, hat ein Familienidyll zerstört, eine Handvoll Jungs musste sich mit der Entdeckung einer Leiche herumplagen, ein dämonischer Trödelverkäufer hat die Bürger der Stadt aufeinander aufgehetzt. Im Werk des amerikanischen Horror-Autors Stephen King taucht Castle Rock immer wieder auf, mal als Ort der Handlung, oft aber auch nur in Andeutungen und so genannten Easter Eggs, also eher lustigen Anspielungen, die aber mit der eigentlich Handlung nichts zu tun haben. Einen der unterhaltsamsten Lesemomente für King-Fans in den vergangenen Jahren bildet in „Basar der bösen Träume“ die Episode, in der ein heruntergekommenes White-Trash-Ehepaar durch das ebenso hinfällige Castle Rock trudelt.
In „Erhebung“, Kings jüngstem Werk, gibt Castle Rock einmal mehr die Kulisse ab für die Kingsche Fabulierkunst. Auf dem Einband steht Roman, aber die 144 Seiten können getrost als längere Erzählung oder Novelle durchgehen. Es geht um den gut genährten und frisch geschiedenen Scott Carey, der eines Tages feststellt, dass er kurioserweise an Gewicht verliert, allerdings nicht an Volumen.
Es geht um das wütende, gespaltene Amerika
Was anfänglich sogar eher positive Folgen hat, wird aus Gründen der Physik allmählich zu einem Problem. Das hält Scott allerdings nicht davon ab, sich um einen Streit zu kümmern, der das beschauliche Castle Rock zu spalten droht. Zankapfel sind zwei Frauen, die miteinander verheiratet sind und ein vegetarisches Restaurant eröffnet haben.
So wenig Grusel „Erhebung“ enthält, so viel politischer als sonst ist die Erzählung. Stephen King, seit langem Anhänger der Demokraten im Wahlsystem der USA und erklärter Kritiker des republikanischen US-Präsidenten Donald Trump, hat offensichtlich das wütende, gespaltene Amerika im Sinn, in dem übereinander gehetzt anstatt miteinander geredet wird. Er lässt einen vom Schicksal Auserkorenen zum Friedensapostel werden. Das gerät ihm allerdings so zuckrig und parabelhaft, dass sich der Leser an diverse Verfilmungen von Charles Dickens’ Weihnachtsgeschichte erinnert fühlt – oder bestensfalls an Kings Fortsetzungsroman „The Green Mile“ aus den 90er Jahren.
Aus „Erhebung“ hätte auch etwas werden können wie „Atlantis“, „Die Arena“ oder „Der Anschlag“. Fast möchte man meinen, dass dem Altmeister des Horrors die USA der Gegenwart zu gruselig geworden sind, und er sich außerstande sieht, dies mit seinen bisherigen literarischen Mitteln aufzuschreiben. Das wäre allerdings schade.
Stephen King: Erhebung Roman. Aus dem Amerikanischen von Bernhard Kleinschmidt. Hardcover, 144 Seiten, 12 Euro, auch als E-Book, 9,99 Euro.
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