In der Sterilgutabteilung des Klinikums gibt es seit Jahren Überlastung und Verschwendung. Es ist allerdings schwer, neues Personal für die anspruchsvolle Arbeit in den Katakomben zu finden.

Stuttgart - Die Personalprobleme und organisatorischen Defizite in der Zentralen Sterilgutaufbereitung (ZSVA) des Klinikums (unsere Zeitung berichtete) sind dem Personalrat sowie Krankenhausbürgermeister Michael Föll (CDU) seit langem bekannt; anders sieht es mit dem Krankenhausausschuss aus, dessen Kontrollkompetenz seit Bekanntwerden der Misswirtschaft in der Auslandsabteilung 2015 in Frage gestellt ist. Ausschussmitglied Thomas Adler (SÖS/Linke-plus) reagierte auf die Berichterstattung mit dem Hinweis, er sei sicher, über die Probleme dieser Abteilung, noch nie informiert worden zu sein. „Im Krankenhausausschuss wurden ständig nur Erfolgsmeldungen berichtet. Und bei Kritik an Überlastung des Personals werden nur Beschwichtigungen geliefert statt ernster Information.“

 

Der Krankenhausbürgermeister und die Klinikleitung täten besser daran, den Ausausschuss frühzeitig über Probleme wie in der Sterilgutabteilung zu informieren, „statt hinterher den Stadträten Überforderung vorzuhalten, wenn sich die Probleme zum Skandal auswachsen“, so Adler. Auch die Risiken bei der Behandlung von arabischen Patienten, die zur Auflösung der Abteilung und der Inhaftierung deren Leiters geführt haben, seien dem Ausschuss vorenthalten worden.

Vorwurf fehlender Kompetenz bei der Überwachung

Besonders ärgerlich sei es für kritische Stadträte, dass die Umwandlung des Eigenbetriebs in eine Anstalt öffentlichen Rechts auch mit dem Argument fehlender Kontrollkompetenz begründet werde. Diese Betriebsform werde von einem Aufsichtsrat überwacht, in dem neben Stadträten auch externe Vertreter sitzen. Alle Sitzungen seien nicht öffentlich, während der Krankenhausausschuss zumeist öffentlich tagt. Föll hatte Adler vorgeworfen, er verwechsle Transparenz mit Öffentlichkeit. Mit der Ausgründung des Klinikums in eine Anstalt öffentlichen Rechts treibe der Erste Bürgermeister die Nichtinformationspolitik auf die Spitze, konterte nun der Stadtrat.

Die mit der Aufbereitung (Reinigung, Desinfektion, Sterilisation) von OP-Besteck betrauten 62 Mitarbeiter haben mit Überlastungsanzeigen auf sich aufmerksam gemacht. Sie schleppen eine Bugwelle von 6000 Überstunden vor sich her, die zunächst nicht abgearbeitet werden könne. Und sie weisen mit 15,1 Prozent einen doppelt so hohen Krankenstand aus wie in anderen Abteilungen.

Der Arbeitsmarkt ist überschaubar

Das Klinikum würde sofort weitere Mitarbeiter einstellen, doch „der Arbeitsmarkt für dieses Berufsbild und diese Tätigkeit ist relativ überschaubar“, so der Sprecher der Stuttgarter Arbeitsagentur, Torsten Kortike. Es seien nur neun Stellen ausgeschrieben, bundesweit seien es 243. Die Zahl der Interessenten halte sich in Grenzen. Aus der letzten Infoveranstaltung durch die Agentur für Arbeit in Kooperation mit dem Klinikum haben man von 50 eingeladenen Teilnehmern zwei für eine Ausbildung gewonnen.

Der Ärztliche Direktor Jan Steffen Jürgensen sagt, attraktiv sei die ZSVA bei allen Belastungen, weil es ein wichtiges, sinnvolles und qualifiziertes Berufsbild sei. Der Job biete Entwicklungschancen, der Einstieg sei „bereits mit ordentlichen Sprachkenntnissen möglich“. Im Klinikum beträgt der Ausländeranteil in der Sterilgutaufbereitung 50 Prozent, die meisten stammen aus Südosteuropa, was auch mit der Herkunft des Abteilungsleiters zu tun hat.

Ein Fachlehrgang genügt

Die Einstiegsvorraussetzungen in Deutschland sind tatsächlich niederschwellig. Für die Grundausbildung braucht es 150 Stunden Praktikum und 120 Stunden Theorie. Laut Koritke würden Angebote aus der Jobbörse oft nur diesen Fachkundelehrgang verlangen. Arbeitgeber aus Stuttgart pochten auf eine „medizinische Vorbildung“. Auf der Plattform „BerufeNET“ ist die schulische Ausbildung „Fachkraft für Medizinprodukteaufbereitung“ genannt, die erst seit einem Jahr angeboten wird. Auch bei Berufen reguliere sich das Angebot durch die Nachfrage. Der Sterilgutassistent sei zu wenig bekannt.

Andere Kliniken kennen diese Personalprobleme offensichtlich nicht. Da das hauseigene Bildungszentrum die Fachlehrgänge anbiete, sei die kontinuierliche Qualifizierung sichergestellt, heißt es im Marienhospital. Einen Engpass gebe es nicht, die Überstunden würden kontrolliert und gezielt abgebaut. Im Diakonie-Klinikum bekommt man Personal „ohne große Probleme“, es fielen kaum Überstunden an. Die Uniklinik Tübingen sieht übertarifliche Gehälter und Erschwerniszulagen als Grund dafür, dass fast alle Stellen besetzt seien. Und die Uniklinik Freiburg hat ihre 68,5 Plan-Vollkräfte mit 84 Mitarbeitern voll besetzt. Allen gemein ist, dass es nicht nötig sei, gezielt Personal aus Südosteuropa zu akquirieren.