Der Ankauf von Schweizer CDs mit den Daten deutscher Steuerhinterzieher befeuert die Selbstanzeigen. Baden-Württemberg liegt in dieser Kategorie bundesweit vorn, obwohl es selbst noch keine Steuer-CD erworben hat.

Stuttgart - Die Hoffnung – vielleicht sollte man doch neutraler formulieren –, die Erwartung der Finanzbehörden erfüllt sich, wenn auch nicht in dem Ausmaß, wie man es auch schon erlebt hat. Bis zum Mittwochabend kletterte der Zähler der Selbstanzeigen auf 9529. So viele Steuerbetrüger haben sich in Baden-Württemberg seit dem ersten Ankauf eines Datenträgers mit Informationen über Steuerhinterzieher aus Liechtenstein im Jahr 2010 selbst angezeigt, um straffrei davonzukommen.

 

Von all diesen sind in diesem Jahr rund 1100 eingegangen, seit Bekanntwerden der neuen Daten-CD-Ankäufe durch nordrhein-westfälische Steuerbehörden Mitte Juli etwa 450, in den zurückliegenden sieben Tagen waren es 168.

Das bedeutet, dass das Selbstanzeigengeschehen etwas an Dynamik zunimmt. Rechnerisch hat es vergangene Woche pro Tag etwa 24 Bekennerschreiben an die Finanzbehörden gegeben, in der Woche zuvor waren es etwa 17. Das ist aber nichts im Vergleich mit dem Jahr 2010, an dessen Ende 7500 Anzeigen eingegangen waren.

Im Stuttgarter Finanzministerium ist man anderes gewöhnt

Im Stuttgarter Finanzministerium will man denn auch angesichts der jüngsten Zahlen nicht von einer Explosion sprechen. Da ist man eben anderes gewöhnt.

Auch was dem Fiskus durch die mehr oder weniger reuigen Sünder an Mehreinnahmen ins Haus steht, lässt sich seriös noch nicht absehen. Denn wer sich schon zu einer Selbstanzeige durchringt, geht in die Vollen. Da wird lieber etwas mehr angegeben als zu wenig. Einen zu hohen Voranschlag kann man nämlich wieder nach unten korrigieren. Wer aber zu wenig angegeben hat, gilt trotz seines Bekenntnisses immer noch als Betrüger. Seine Selbstanzeige ist dann unwirksam.

Es muss ja schnell gehen mit so einer Selbstanzeige. Das wissen auch Anwaltsbüros, die von Selbstzweifeln gepeinigten Steuerhinterziehern ihre Beratungsdienste anbieten. Ob sich das aber zu einem eigenen nachhaltigen Geschäft entwickelt, ist abzuwarten. Möglicherweise handelt es sich beim derzeitigen offenbar recht reichhaltigen Angebot an Steuerdatenscheiben um eine Art Schlussverkauf, bevor ein deutsch-schweizerisches Steuerabkommen – wie auch immer es dereinst aussehen könnte – diesem Handel endgültig die Grundlage entzieht.

Verwirrung stiften die Verjährungsfristen

Einen Fehler macht nicht nur, wer sich zu spät für eine Selbstanzeige entscheidet. Diese wirkt nur strafbefreiend, wenn die Ermittlungsbehörden einen noch nicht im Visier hatten – also den Datenträger noch nicht ausgewertet und erste Adressen aufgelistet haben. Einen Fehler macht auch, wer seine Post an die falsche Adresse schickt. Das wäre zum Beispiel die Staatsanwaltschaft. Die leitet dann nämlich direkt ein Ermittlungsverfahren ein. Verwirrung stiften auch die unterschiedlichen Verjährungsfristen.

Strafrechtlich verjährt die Steuerhinterziehung nach fünf Jahren. Wer also – im schlimmsten Fall – dem Gefängnis entgehen will, braucht nichts mehr zu fürchten, wenn seine Untat schon länger zurückliegt. Wer sich dennoch anzeigt, muss nachzahlen. Die Pflicht dazu besteht bis zu zehn Jahren. Die Zahlung umfasst dabei die vorenthaltene Steuer plus sechs Prozent Hinterziehungszinsen plus fünf Prozent Strafzuschlag. Strafbefreiung gibt es zudem auch nur, wenn die Nachzahlung in der vom Finanzamt gesetzten Frist erfolgt.

In der Rückschau immerhin lässt sich angeben, was der Selbstbekennerboom des Jahres 2010 dem Fiskus im Südwesten gebracht hat: In den 7500 Selbstanzeigen wurden 1,1 Milliarden Euro Vermögen nachveranlagt. Das spielte dem Finanzminister 350 Millionen Euro zusätzliche Steuereinnahmen zu. In der Branche gilt als Durchschnittswert für eine Selbstanzeige der Betrag von rund 100 000 Euro.