Seit über einem Jahr gibt es in Ludwigsburg heftige Diskussionen um die Gewerbesteuer – die müsse nun endlich steigen, sagt Oberbürgermeister Matthias Knecht. Doch was sagen die Unternehmen selbst? Nur drei sind bereit, ihre Meinung zu äußern.
Die Botschaft von Oberbürgermeister Matthias Knecht ist unmissverständlich: Der Ludwigsburger Gemeinderat müsse im Dezember eine Erhöhung der Gewerbesteuer um vier Prozent beschließen, damit die Zukunft der Stadt gesichert ist. Das sei für die Unternehmen aber nicht nur zum Nachteil. Denn mit der Steuer würden Schulen, Straßen, ÖPNV, Kultur- und Sportangebote finanziert, alles Voraussetzung für einen guten Wirtschaftsstandort.
Ob die Unternehmer das auch so sehen? Unsere Redaktion hat elf der größten Ludwigsburger Firmen nach ihrer Meinung gefragt. Einige ignorierten die Anfrage, andere antworteten, dass sie sich dazu nicht äußern wollen – darunter Hahn+Kolb, MHP und BorgWarner. Nur drei Unternehmen wollten sich öffentlich zur geplanten Erhöhung äußern – sie hoffen, dass die Belastung in Krisenzeiten nicht steigt.
Ja, als Unternehmen mit Hauptsitz in Ludwigsburg profitiere man von einer gut funktionierenden Infrastruktur und einem attraktiven Umfeld, sagt Hanno Höhn, Geschäftsführer von Mann+Hummel Deutschland. Aber: „Angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Herausforderungen wäre eine Erhöhung eine zusätzliche Belastung für die Unternehmen.“ Mit einer höheren Gewerbesteuer werde „im Zweifel nicht nur die Investitionsbereitschaft gedämpft, sondern unter Umständen auch das Wirtschaftswachstum gebremst“. Laut Höhn müsse also beides gelingen: Die Standortattraktivität der Stadt soll erhalten bleiben, gleichzeitig die wirtschaftlichen Perspektiven gestärkt werden.
Ludwigsburgs Hebesatz von 385 Prozent liegt zehn Punkte unter dem Schnitt vergleichbarer Städte in Baden-Württemberg. Dieser aktuelle Hebesatz trage zur Attraktivität des Standortes Ludwigsburg bei, sagt Angela Schaupp, Sprecherin der Kreissparkasse Ludwigsburg. „Aus Sicht eines Gewerbetreibenden spricht wenig für eine Erhöhung, sondern viel für einen möglichst niedrigen Hebesatz.“ Laut Schaupp könnten eine Folge der Erhöhung sein, dass Investitionen an anderen Standorten getätigt werden.
Ähnlich sieht das der dritte Gewerbesteuerzahler, der sich öffentlich äußert. Die VR-Bank Ludwigsburg wünscht sich „weitgehende Niveaustabilität“ und begründet dies auch mit Blick auf ihre gewerblichen Kunden. „Wir spüren in unseren Beratungsgesprächen nicht selten eine Verunsicherung der Unternehmen darüber, wie es bei den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen hier am Standort weitergeht“, sagt VR-Bank-Sprecher Gunter Endres.
Vor allem die Grünen und SPD im Gemeinderat fordern, dass die großen Unternehmen der Stadt mehr Verantwortung übernehmen. Wenn überall gespart wird, sogar an Schulen, müssten sich gleichzeitig auch die Einnahmen durch die Gewerbesteuer erhöhen. Die treffe sowieso nur die Unternehmen, die erfolgreich sind und Gewinne erwirtschaften, so die Argumentation.
Die CDU sieht die Erhöhung kritisch, das machte Vorsitzender Klaus Herrmann in den vergangenen Wochen deutlich. In Krisenzeiten müsse die Wirtschaft gestärkt, nicht unter Druck gesetzt werden. Die Räte der Freien Wähler sind geteilter Meinung. Bis zur Gemeinderatssitzung am Mittwoch wolle man sich auf eine gemeinsame Position einigen, sagt FW-Vorsitzender Jochen Zeltwanger. Die Entscheidung über eine Gewerbesteuer dürfte also wieder eng werden.