Der Hoeneß-Verteidiger Hanns W. Feigen findet deutliche Worte. Von den hinterzogenen 27,2 Millionen Euro seines Mandanten habe er gewusst. Die Verteidigung sei davon nicht überrascht worden.

München - Der Mann, dem die Wirtschaftsbosse vertrauen, wenn sie in Bedrängnis geraten sind, hat sich in der vergangenen Nacht geärgert. Und wenn sich Hanns W. Feigen ärgert, dann wird er deutlich. Zu den Mandanten des Strafverteidigers aus dem Frankfurter Westend gehören Jürgen Fitschen, Co-Chef der Deutschen Bank, und der frühere Porsche-Chef Wendelin Wiedeking. Auch Ex-Post-Chef Klaus Zumwinkel, einer der prominentesten Steuerhinterzieher des Landes, wandte sich Hilfe suchend an ihn. Der Anwalt bewahrte Zumwinkel vor dem Gefängnis. Damals ging es um eine knappe Million, die Zumwinkel hinterzogen hatte.

 

Nun geht es um 27,2 Millionen Euro und um Uli Hoeneß, Präsident des FC Bayern München. Dieser durfte sich gleich zu Beginn des Prozesses vor der Wirtschaftskammer des Landgerichts München II von seinem Anwalt über den Mund fahren lassen. Feigen haut auf den Tisch und herrscht seinen Mandanten an: „Jetzt rede ich!“ Hoeneß hatte dem Gericht da gerade erzählt, dass ihn die Information nicht beunruhigt hätte, dass sich ein Reporter bei seiner Schweizer Bank Vontobel nach seinem heimlichen Konto erkundigt hatte. „Aber Herr Hoeneß!“, unterbricht ihn Feigen: „Jetzt mal die Karten auf den Tisch!“ Hoeneß knickt ein, sagt leise: „Das hat schon eine Rolle gespielt.“ Feigen poltert: „Eine ganz große Rolle hat das gespielt! Da sind Sie gerannt wie ein Verrückter!“ Will der Anwalt damit den Eindruck erwecken, Hoeneß` Selbstanzeige, in der er im Januar 2013 seine Steuerhinterziehung gestand, sei in großer Hektik zusammengewurschtelt worden? Feigen wird die Erklärung wohl heute in seinem Plädoyer nachliefern.

Am Mittwoch nun, gleich zu Beginn des dritten Verhandlungstages, bittet Verteidiger Feigen den Vorsitzenden Richter ums Wort. Feigen ist verärgert über das, was er nach eigenen Angaben in der vergangenen Nacht und am Morgen in den Medien gelesen hat. Es stimme keineswegs, dass die Verteidigung von den nunmehr im Raum stehenden 27,2 Millionen Euro, die sein Mandant nach Berechnung einer Steuerfahnderin hinterzogen hat, überrascht gewesen sei, sagt Feigen. Diese Zahl ergäbe sich nämlich bereits aus Hoeneß’ Selbstanzeige, sagt er. Feigen wendet sich direkt an die Sprecherin des Gerichts, Andrea Titz. Feigen sagt: „Es gibt also keinen Grund, Frau Titz, zu sagen, die Verteidigung sei überrascht.“ Er fügt an: „Wir sind ja nicht dämlich!“ Feigen echauffiert sich weiter: Wer behaupte, „dass dadurch die Selbstanzeige aus dem Ruder gelaufen sei, der hat die Sache nicht verstanden“. Feigen spricht ruhig, mit dunkler Stimme. Die Wirkmacht seiner Worte mindert das nicht. Feigen sagt auch, dass die Verteidigung die auf 27,2 Millionen Euro bezifferte Steuerschuld nicht hinterfragen werde. „Die Zahlen hält die Verteidigung für sachgerecht, da zweifeln wir nicht dran.“ Auch das Gericht teilt die Angaben der Expertin. Als erster Zeuge an diesem Tag berichtet ein EDV-Experte, dass die erst kurz vor Prozessbeginn an die Steuerfahnder übergebenen Daten auf mehreren USB-Sticks bei Hoeneß und seinen Beratern keineswegs bereits im Januar 2013 vollständig vorgelegen haben müssen. Zwar sei bei einer Datei das Erstelldatum 18. Januar 2013 in den Metadaten vermerkt, aber dies bedeute nur, dass zumindest eine einzelne Seite einer PDF-Datei an jenem Tag fertig gewesen sei. Der Rückschluss, Hoeneß hätte Unterlagen bewusst zurückgehalten, sei nicht möglich. Verteidiger Feigen sagt es in seinen Worten: Eine solche Vermutung sei „reiner Unfug“.