Die grün-rote Regierung in Baden-Württemberg kann in diesem Jahr mit mehr als einer Milliarde Euro mehr Einnahmen rechnen als erwartet.

Stuttgart - Für Grün-Rot, insbesondere den neuen Finanz- und Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD) gestaltet sich der Auftakt der Regierungstätigkeit durchaus angenehm. Die vom Arbeitskreis Steuerschätzung prognostizierten Zahlen lassen - auf Baden-Württemberg heruntergerechnet - für dieses Jahr Mehreinnahmen des Fiskus von 1,015 Milliarden Euro erwarten. Dieses Plus bezieht sich dabei bereits auf den Anfang Februar zusammengestellten dritten Nachtragshaushalt, also die bisher aktuellste Datenbasis.

 

Auch für die kommenden Jahre stellt die Steuerschätzung höhere Einnahmen der Landeskasse in Aussicht. Hintergrund ist die anhaltend positive wirtschaftliche Entwicklung. Sofern diese anhält, kann das Land im kommenden Jahr sogar mit knapp 1,1 Milliarden Euro mehr planen. 950 Millionen würden es im Jahr 2013 sein, rund 780 Millionen dann im Jahr 2014.

Der neue Finanzminister Schmid wiederholt in der Kommentierung dieser Zahlen seine bisherige Position: "Die Reihenfolge ist klar: Zuerst muss ein Kassensturz her, um die finanziellen Erblasten der alten Landesregierung offen zu legen, dann wird entscheiden, wie die Steuermehreinnahmen verwendet werden - die Haushaltskonsolidierung hat dabei Vorrang."

Die Lohnsteuer sprudelt wieder kräftig

Er wolle die erwartbaren Mehreinnahmen nutzen, um die Löcher in der Finanzplanung der Vorgängerregierung zu schließen. Die grün-rote Koalition habe vereinbart, dass die Haushaltskonsolidierung Vorrang hat, so Schmid. Für zusätzliche Ausgabenwünsche sieht er "derzeit keinen Spielraum". Bei dem "ehrlichen Kassensturz" sollen "auch die versteckten Lasten und schlummernden Haushaltsrisiken" offen gelegt werden. Schon die mittelfristige Finanzplanung der alten schwarz-gelben Regierung enthalte ein jährliches Finanzierungsdefizit von rund drei Milliarden Euro, so Schmid. Hinzu komme ein "mehrere Milliarden schwerer Sanierungsstau beim Landesvermögen, stark steigende Pensionsverpflichtungen sowie beträchtliche Haushaltsrisiken", etwa durch den Erwerb der EnBW-Aktien.

Die Einnahmen des Fiskus bis Ende April muss man nicht schätzen, man kennt sie. Nach dem ersten Drittel des Jahres lagen sie um fast 790 Millionen Euro, damit um mehr als zehn Prozent über denen des ersten Tertials 2010. Vor allem die Lohnsteuer sprudelt wieder kräftig, sie hat um mehr als 15 Prozent gegenüber den ersten vier Monaten 2010 zugelegt. Sie steuerte allein fast 40 Prozent des gesamten Steueraufkommens des Landes bei und hat ihre Bedeutung gegenüber 2010 damit ausgebaut. Rechnete man die Ersatzleistung des Bundes für die nicht mehr an die Länder verteilte Kraftfahrzeugsteuer hinzu, wäre das Rekordniveau des Fiskus übertroffen, das dieser bisher im Jahr 2008 erreicht hat.

Die Kehrseite sprudelnder Steuereinnahmen sind wachsende Verpflichtungen im Länderfinanzausgleich. Einer Übersicht des Bundesfinanzministeriums zufolge betrugen diese für Baden-Württemberg bis Ende März 517 Millionen Euro - und damit mehr als 2010 bis Ende Juni aufgelaufen waren. Da kann sich bis zum Jahresende noch einiges tun. Mit wachsenden Zahlungsverpflichtungen dürfte sich der Erwartungsdruck auf die neue Regierung erhöhen, beim Länderfinanzausgleich Erleichterungen für den Südwesten durchzusetzen.