Spielt Rylance jetzt in jedem Ihrer Filme
Im Moment sieht es so aus, nicht wahr? In „Ready Player One“, den wir gerade drehen, ist er mit dabei. Und wenn ich anschließend Anfang des nächsten Jahres in Italien „The Kidnapping of Edgardo Mortara“ umsetze, übernimmt er auch darin eine Rolle. Vier Filme am Stück mit dem gleichen Schauspieler, das hatte ich noch nie. Richard Dreyfus war überhaupt der einzige, mit dem ich zweimal hintereinander gearbeitet habe, damals bei „Der weiße Hai“ und „Die unheimliche Begegnung der dritten Art“. Aber Mark ist eben auch wirklich ein Ausnahmeschauspieler – und ein wunderbarer Mensch, den ich inzwischen meinen Freund nennen darf.
Der freundliche Riese bringt den Menschen ihre Träume. Sehen Sie ihn als eine Art Alter Ego? Ein Regisseur macht schließlich ähnliches, oder?
Das ist eine sehr schöne Analogie, die Sie da herstellen, die mir natürlich schmeichelt. Das mit den Träumen ist ein schöner, poetischer Gedanke. Aber ich selbst habe nicht den Abstand, um meinen Beruf in diesem Licht zu sehen. Ganz zu schweigen davon, dass ich viele Filme gedreht habe, die das Publikum sicherlich nicht als schönen Traum empfindet. „Der Soldat James Ryan“, „Amistad“ oder auch Teile von „Lincoln“ – das sieht man sich nicht an, um ins Träumen zu geraten. Aber klar, bei einem Film wie „BFG – Big Friendly Giant“ hoffe ich natürlich, dass die ganze Familie ihn wie einen Traum erlebt.
Gibt es Arbeiten in Ihrer Laufbahn, die Ihnen wichtiger sind als andere?
Jeder meine Filme ist mir wichtig, aber lassen Sie es mich so sagen: ich habe zwei Filme gedreht, die mein Leben grundlegend verändert haben. Der erste war „E.T. – Der Außerirdische“. Nicht so sehr wegen des Erfolges, sondern weil ich ein so enges Verhältnis zu den drei Kindern im Film aufbaute. Vor dem Film wollte ich eigentlich nie Vater werden, ich war glücklich als Junggeselle und konnte mir nichts anderes vorstellen. Doch dann wuchsen mir diese Kids so unglaublich ans Herz, dass Drew Barrymore sogar mein Patenkind wurde. Und drei Jahre später kam mein erster eigener Sohn zur Welt.
Und der zweite Film?
Das war „Schindlers Liste“, denn zum ersten Mal drehte ich einen Film nicht nur für mich, sondern als Dienst an der Öffentlichkeit. Der Film hat viel Gutes bewirkt und tut es noch; er hat viel Aufmerksamkeit geschaffen dafür, was Hass für Folgen haben kann und was ein Genozid eigentlich ist. Antisemitismus, Homophobie, Islamphobie – all diese schrecklichen Dinge, die dieser Tage wieder überall vorhanden sind, lassen sich mittels des Films verhandeln. Vor allem erinnern „Schindlers Liste“ und die Arbeit der daraus hervorgegangenen Shoah-Stiftung uns immer wieder aufs Neue daran, dass so etwas wie damals unter Hitler auch heute wieder passieren könnte.
Anders als früher bei „E.T.“ ist heutzutage technisch eigentlich alles möglich. Es gibt nichts, was man nicht auf der Leinwand umsetzen kann. Ist das immer ein Segen?
Manchmal vermisse ich tatsächlich die Zeit, als wir noch wirklich tüfteln mussten, wie wir für einen Film eine Wolke erzeugen können. Bei „Die unheimliche Begegnung der dritten Art“ setzten wir einen eigens gebauten, riesigen Wassertank, eiskaltes und sehr heißes Wasser sowie weiße Farbe ein, um wirklich wunderschöne weiße Quellwolken zu erschaffen. Das war echtes Handwerk. Beziehungswiese Handwerk und Kunst kombiniert. Mitzuerleben, wie damals all die Arbeiter und Tricktechniker meine Visionen mühsam Wirklichkeit werden ließen, war einfach wunderbar. Doch ich genieße es auch, dass uns heute in der digitalen Ära wirklich keine Grenzen mehr gesetzt sind. Und dass nicht immer alles so mühsam und aufwendig ist. Heute muss ich nur einen Traum haben und ihn in Worte fassen können, dann zaubern die Computerexperten ihn mir auf die Leinwand.