Steven Spielberg ist der erfolgreichste Regisseur und Produzent Hollywoods. Am Sonntag wird er 70 Jahre alt – Zeit zum Gratulieren. Es ist gar nicht so leicht, sich für einen Lieblings-Spielberg-Film zu entscheiden. Fünf Redakteure versuchen es trotzdem einmal.

Stuttgart - Es ist eigentlich unmöglich. 38 Titel umfasst derzeit das Werkverzeichnis des Kinoregisseurs Steven Spielberg. Aber wie soll man sich hier für einen Lieblingsfilm entscheiden? So viele seiner Filme sind Wegmarken des populären US-Kinos, haben in

 

ihren Genres neue Maßstäbe gesetzt. „E. T.“ und die „Unheimliche Begegnung der 3. Art“ befeuerten den Familien- und Science Fiction-Film, „Poltergeist“ und „Twilight Zone“ die Grusel-Abteilung. Jeder neue Abenteuerfilm muss sich messen lassen an der „Indiana Jones“-Saga, jede weitere Dino-Jagd an „Jurassic Park“. Steven Spielbergs Kindheit war von wilden Träumen geprägt, guten wie bösen – und viele davon hat er zu großen Filmen gemacht, die schlicht das beste US-Popcorn-Kino der jüngeren Zeit sind.

Doch das ist höchstens der halbe Spielberg. Daneben gibt es noch den politischen Regisseur und Produzenten, der in der Historie seines Landes und der Menschheit forscht, um einem großen Publikum Geschichten von Unterdrückung und Qual, aber auch von Freiheit und dem Kampf um Gerechtigkeit zu erzählen. „Die Farbe Lila“ rückte bereits 1985 das Schicksal unterdrückter US-Schwarzer in den Mittelpunkt. „Der Soldat James Ryan“ erzählt von den Opfern, die der Kampf gegen Hitler-Deutschland forderte. Das große Biopic „Lincoln“ berichtet von einem US-Präsidenten, der an eine gemeinsame Nation nur glauben kann, wenn diese den Werten allgemeiner Menschenrechte verpflichtet ist. Nicht jeder dieser Filme war ein Zuschauerknüller, nicht jeder ein Meisterwerk. Aber gerade in der Summe zeugt das bisherige Schaffen Spielbergs von seinem Anspruch, dass gerade das massenwirksame Hollywood auch eine gesellschaftliche Verantwortung trägt. Das Kino ist für ihn ganz sicher keine unverbindliche Spaßbude. Er sucht nicht nur nach den wichtigsten Geschichten. Er sucht auch stets nach der bestmöglichen Art, diese Geschichten einem möglichst großen Publikum zu zeigen und zu erzählen, ohne ihrem Wesen und ihrem Kern Unrecht zu tun.

Was der bisher beste Film Spielbergs sei, ist wirklich schwer zu beantworten. Aber es gibt zweifellos einen, der aus der Liste herausragt und den auch er selbst seinen wichtigsten nennen wird: „Schindlers Liste“ (1993). Niemand traute dem damals 47-jährigen Blockbuster-Meister Anfang der neunziger Jahre zu, Bilder für die Geschichte des Holocausts bis hin zu den Gaskammern von Auschwitz zu finden, die der Erinnerung an das Grauen nicht selbst wiederum Gewalt antun würden. Aber er hat es geschafft – und damit als Nachfahre einst osteuropäischer Juden seinem persönlichen, vermutlich schlimmsten Alpträumen zum Ausdruck verholfen. „Schindlers Liste“ hat bis heute nichts von seiner Kraft und seiner Kunst verloren. Nie war der US-Film vorsichtiger und respektvoller, nie behutsamer und zugleich ausdrucksstärker als hier, Spielberg sei Dank. Man darf ihn deswegen „Lieblingsfilm“ nennen, weil er zeigt, was das Kino kann, wenn ein Meister Regie führt.