In München scheinen Fahrverbote nach ergänzenden Stickoxid-Messungen der Stadt vom Tisch. Auch in Stuttgart wurden solche Messungen bereits durchgeführt – mit nicht ganz eindeutigem Ergebnis.

Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Stuttgart - Die von der Stadt München beauftragten Stickoxid-Messungen ergeben, dass die Luft in der bayerischen Landeshauptstadt nicht so schlecht ist wie nach Modellrechnungen befürchtet. „Die Münchnerinnen und Münchner können in den Wohngebieten, wo sie sich dauerhaft aufhalten, unbesorgt sein, dort ist die Luft gut“, lässt sich die Münchner Umweltreferentin Stephanie Jacobs in einer Pressemitteilung zitieren. Lediglich an den Durchgangsstraßen bestehe noch Verbesserungsbedarf. In München hofft man nun jedenfalls, dass mit Blick auf die doch nicht so hohe Stickoxid-Belastung drohende Diesel-Fahrverbote vermieden werden können.

 

In Stuttgart sind solche Verbote seit 1. Januar in Kraft; sie sollen im Lauf des Jahres verschärft werden. Würden ähnliche, ergänzende Messungen wie in München für die baden-württembegische Landeshauptstadt vielleicht auch Entwarnung bringen? Der Witz bei der Sache: solche Messungen sind längst angestellt worden, und zwar von der Deutschen Umwelthilfe und dem SWR.

Der Verein und die Rundfunkanstalt haben ihre Messkampagnen (unabhängig voneinander) jeweils unter dem Schlagwort „Abgasalarm“ veröffentlicht. Beide haben wie auch die Münchner Stadtverwaltung mit sogenannten Passivsammlern gearbeitet. Das sind kleine Behälter, in denen sich über mehrere Wochen Stickoxid ansammelt – wie viel, kann im Labor ermittelt werden. Allerdings hingen diese Passivsammler in München ein ganzes Jahr lang und wurden von einer zentralen Stelle verteilt; die Umwelthilfe und der SWR haben die Geräte von Freiwilligen nur wenige Wochen lang aufhängen lassen.

Messung in Stuttgart bereits vor einem Jahr

Die Umwelthilfe ließ erstmals im Februar 2018 messen; es folgten weitere Messungen im April, Juni und Oktober. Aktuell sucht der Verein wieder nach Freiwilligen, die mögliche Standorte für Passivsammler melden. Für die Region Stuttgart und die Landeshauptstadt selbst zeichnen die Messungen ein überwiegend düsteres Bild. Demnach werden die Stickoxid-Grenzwerte nicht nur an den amtlichen Messstellen der Landesanstalt für Umwelt, etwa am Neckartor, überschritten – sondern auch an zahlreichen anderen Messpunkten (vollständige Liste hier).

In Stuttgart beispielsweise haben nicht-staatliche Messungen für sieben Messstellen eine deutliche Überschreitung der EU-Grenzwerte um mehr als zehn Mikrogramm je Kubikmeter Luft ergeben, sodass nicht davon auszugehen ist, dass dort innerhalb der nächsten ein, zwei Jahre der Grenzwert wegen modernerer Fahrzeuge ohnehin eingehalten würde. Allerdings wurden bei den Messungen auch etliche Punkte abseits der wichtigsten Verkehrsachsen ermittelt, an denen die Luft besser ist als erlaubt oder der Grenzwert nur knapp überschritten wrid. Dazu zählen die Epple- sowie die Neckarstraße in Stuttgart, die Hoberstraße in Herrenberg oder die L1193/Jesistraße in Waiblingen.

Die Umwelthilfe hat auch in München Passivsammler angebracht, ebenso wie der Münchner Verein Green City. Vergleicht man die Messwerte mit denen, welche die Münchner Stadtverwaltung ermittelt hat, ergeben sich Übereinstimmungen. Besonders an den großen Durchfahrtstraßen ergeben beide Messkampagnen deutliche Überschreitungen der EU-Grenzwerte. Entlang von Strecken wie der Verdistraße nahe des Schlosses Nymphenburg haben sowohl die Münchner Verwaltung als auch die Umweltaktivisten nur phasenweise Grenzwertüberschreitungen ermittelt.

Insgesamt kommen die jetzt von der Münchner Verwaltung veröffentlichten Werte für niemanden überraschend, der schon zuvor einen Blick auf die bereits vor Monaten veröffentlichten Werte der Umwelthilfe und von Green City geworfen hat.

Mehr zum Thema Stickoxid und Feinstaub finden Sie in unserem Dossier. https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.stickoxid-werte-in-stuttgart-luftverschmutzung-im-kessel-so-hoch-wie-nirgendwo-sonst.a7568c70-c922-4439-8024-ed22a0608bb0.html