Die Landesanstalt LUBW legt Fakten zu Stickstoffdioxid vor. Der Jahresmittelwert wird in Stuttgart und an fast allen anderen Messstellen im Land überschritten.

Stuttgart - Beobachten, bewerten, beraten“, so beschreibt Pressesprecherin Tatjana Erkert die Arbeit der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz (LUBW), die am Donnerstag „Daten und Fakten rund um Stickstoffdioxid“ gebündelt vorgelegt hat. Bekannt war bereits, dass 2016 an fast allen (nämlich 28 von 33) verkehrsnahen Messstationen in Baden-Württemberg der Jahresmittelgrenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter überschritten wurde. Dieser Beobachtung schloss sich aber eine eindeutige Bewertung an. „Die Grenzwertüberschreitungen werden im Wesentlichen durch Dieselfahrzeuge verursacht“, sagte der LUBW-Experte Dr. Sebastian Scheinhardt. Zwar seien die Emissionen insgesamt rückläufig und „die modernen Euro-6-Diesel trotz Diesel-Skandal viel sauberer als ältere Diesel-Pkw“, aber auch die hielten im Gegensatz zu Benzinern die Stickoxid-Grenzwerte im Fahrbetrieb auf Autobahnen, außer- und innerorts nicht ein. „Dieselfahrzeuge sind das Problem“, sagte Scheinhardt.

 

Insgesamt hat sich nach Einschätzung der LUBW die Luftsituation im Land verbessert. Auch die Problematik zu hoher Feinstaubwerte stehe bis auf die Ausnahme Stuttgarter Neckartor nicht mehr im Vordergrund. Dort rangiert jetzt das Stickstoffdioxid, das ebenfalls am Neckartor bei den Jahresmittelwerten den bundesdeutschen Höchstwert von 82 Mikrogramm pro Kubikmeter erreicht.

Deutliche Überschreitungen des Grenzwerts von 40 Mikrogramm gibt es auch in der Hohenheimer Straße und am Arnulf-Klett-Platz in Stuttgart (76 und 58 Mikrogramm) sowie in Reutlingen, Lederstraße-Ost (66), in Backnang, Eugen-Adolff-Straße (56), Esslingen, Grabbrunnenstraße (54) und Ludwigsburg, Friedrichstraße (53). Ebenfalls darüber liegt man in Herrenberg, Hindenburgstraße (49), Leinfelden-Echterdingen, Hauptstraße, Leonberg, Grabenstraße und Stuttgart, Waiblingen Straße (je 47) sowie Kuchen, Hauptstraße (44), Freiberg, Benninger Straße und Markgröningen, Grabenstraße (je 41).

Spizenkonzentration ist zurückgegangen

An den Hintergrundmessstationen, die nicht an viel befahrenen Straßen liegen, sind die Jahresmittelwerte weit unterhalb des Grenzwerts. Und nur am Neckartor wurden der Einstundenmittelwert von 200 Mikrogramm mit 35 Mal öfter als die erlaubten 18 Mal überschritten. Vor einem Jahrzehnt geschah dies pro Jahr aber noch bis 850 Mal. „Die Spitzenkonzentration ist zurückgegangen“, sagte Dr. Wilfried Weiß, Leiter des LUBW-Referats Luftqualität, „wir haben aber Handlungsbedarf an den verkehrsnahen Stationen“.

Im Gegensatz zum Feinstaub, der wegen der häufigeren Inversionswetterlagen im Winterhalbjahr höher konzentriert ist, lässt sich beim Stickstoffdioxid an den hoch belasteten Messstationen kein jahreszeitlicher Verlauf feststellen. Die LUBW hat die Mittelwerte über die Jahre 2007 bis 2016 am Neckartor genommen und dabei an allen Monaten Werte von 89 bis 101 Mikrogramm ermittelt. „Die hohe Verkehrsbelastung dominiert gegenüber der Witterung, was die Stickstoffdioxid-Konzentrationen angeht“, sagte Weiß.

Stickoxid-Emissionen: Verkehr ist die Hauptursache

An den Stickoxid-Emissionen in Baden-Württemberg sei der Verkehr die Hauptursache, sagte Scheinhardt. Er habe einen Anteil von 46 Prozent, an viel befahrenen Straßen wie am Neckartor betrage er sogar fast drei Viertel. Dass die Stickstoffdioxid-Grenzwertüberschreitungen „im Wesentlichen“ durch Dieselfahrzeuge verursacht würden, dazu trügen auch zwei Entwicklungen bei, so Scheinhardt: „Es gibt immer mehr Dieselfahrzeuge, die auch weitere Strecken zurücklegen“. Zudem lägen die wirklichen Emissionen der Euro-5- und Euro-6-Diesel inzwischen deutlich höher als die von Benzinern und jenseits der Grenzwerte (siehe Grafik). Zur Fahrverbotsdebatte wollten die LUBW-Experten keine Stellung nehmen, Weiß sagte aber: „Je mehr Euro-6-Diesel fahren, desto geringer ist die Belastung .“

Das LUBW arbeitet beim Bestimmen der Stickstoffdioxidwerte mit Gasanalysatoren, die in den Containern sind, und mit Passivsammlern, deren Filter im Labor analysiert werden. Solche grauen Rohre sind auch in der Hauptstätter Straße in Stuttgart montiert.