Kommt es nach einem Unfall zu bleibenden Verletzungen, kann eine private Unfallversicherung eine gute Unterstützung sein. Doch wann ist sie sinnvoll – und wann nicht?

Stuttgart - Aufgepasst bei Versicherungen: Kommt es nach einem Unfall zu bleibenden Verletzungen, kann eine private Unfallversicherung eine gute Unterstützung sein. Doch wann ist sie sinnvoll – und wann nicht?

 

Was ist eine Unfallversicherung?

Ein Unfall beim Sport, beim Fahrradfahren oder ein Sturz von der Treppe: Zehn Millionen Unfälle passieren laut Robert-Koch-Institut jedes Jahr. Immerhin, die allermeisten gehen glimpflich aus. Doch mitunter hat solch ein Unfall schwere Folgen – dann nämlich, wenn die Gesundheit dauerhaft beeinträchtigt wird. Zum Beispiel, wenn jemand teilweise erblindet oder dauerhaft auf einen Rollstuhl angewiesen ist. „Eine private Unfallversicherung greift bei Verletzungsfolgen“, sagt Manja König, Unfallexpertin bei der Ergo-Versicherungsgruppe. „So werden zumindest die finanziellen Folgen eines Unglücks abgefedert.“ Zum Beispiel, wenn ein barrierefreier Umbau des Hauses notwendig wird.

Ist eine solche Versicherung sinnvoll?

„Man sollte bedenken, dass man damit nur bleibende Unfallfolgen absichert“, sagt Michael Nischalke, Projektleiter bei der Stiftung Warentest. Die Versicherung greift nicht, wenn das Unfallopfer wieder ganz gesund wird – und Unfälle sind nur selten der Grund für eine Behinderung. Deutlich häufiger ist eine Krankheit die Ursache. „Einen Schutz gegen die finanziellen Folgen von Krankheiten bietet diese Versicherung nicht“, so Nischalke. Für den Fall, dass man dann seine Arbeitskraft verliert, hilft nur eine Berufsunfähigkeitsversicherung – doch die ist teuer, und nicht jeder bekommt sie.

Das Angebot an Unfallpolicen ist unübersichtlich. Wer einen alten Vertrag hat, sollte prüfen, ob sich ein Wechsel des Anbieters lohnt, rät die Stiftung Warentest. Dadurch lässt sich häufig Geld sparen, obendrein gibt es mitunter bessere Konditionen. Für die aktuelle Ausgabe des Magazins „Finanztest“ haben die Verbraucherschützer insgesamt 117 Unfalltarife unter die Lupe genommen. Das Ergebnis kann sich dabei durchaus sehen lassen: Elf Tarife wurden mit „sehr gut“ bewertet, weitere 69 waren „gut“ und die übrigen 37 immerhin „befriedigend“.

Was sollte eine Unfallversicherung kosten?

Wer bei bleibender Beeinträchtigung – also Invalidität – durch einen Unfall mindestens 500 000 Euro bekommen möchte, muss dafür je nach Tarif unterschiedlich hohe Beiträge zahlen. Laut Stiftung Warentest gibt es recht teure Top-Angebote, die allerdings mit sehr guten Konditionen punkten: Für den mit „sehr gut“ bewerteten Testsieger „Allianz UnfallschutzPlus mit TopSchutz“ muss man einen Jahresbeitrag von 354 Euro auf den Tisch legen. Solide absichern kann man sich aber auch für weniger Geld. Einen mit „gut“ bewerteten Tarif kann man mit der Police „Basler Silber“ für einen Jahresbeitrag von 69 Euro bekommen. Letztlich kommt es darauf an, welchen Gefahren man sich in der Freizeit aussetzt – beispielsweise durch Extremsportarten und andere gefährliche Hobbys.

Wie viel sollte die Versicherung zahlen?

Die Police sollte laut Stiftung Warentest mindestens 500 000 Euro zahlen, wenn Versicherte voll invalide werden – und mindestens 100 000 Euro bei einer Einschränkung von 50 Prozent. Dieses Kriterium erfüllen viele Tarife in Deutschland nicht – vor allem die älteren Policen. Die im Falle eines Unfalls einmalig auszahlte Summe hängt nicht nur von der festgelegten Versicherungssumme ab, sondern auch vom attestierten Grad der körperlichen Beeinträchtigung und – falls vereinbart – von der sogenannten Progression. Diese erhöht, einfach gesagt, ab einem bestimmten Invaliditätsgrad die versicherte Leistung und somit den ausgezahlten Betrag. Eine Unfallversicherung kann auch ohne Progression abgeschlossen werden, andernfalls hat man die Möglichkeit, zwischen verschiedenen Steigerungsstufen zu wählen. Tarife mit Progression seien laut Stiftung Warentest empfehlenswert.

Was hat es mit der Gliedertaxe auf sich?

Die sogenannte Gliedertaxe legt fest, welchen Invaliditätsgrad in Prozent ein Tarif vorsieht, wenn ein Körperteil nicht mehr funktionsfähig ist. Verliert man einen Daumen, setzen die Versicherer dafür einen Invaliditätsgrad von 20 Prozent an. Bei einer ganzen Hand sind es 55 Prozent, bei einem Arm 70 Prozent. Außerdem wird nach dem Grad der Funktionsfähigkeit abgestuft: Ist der Arm noch zur Hälfte funktionsfähig, beträgt der Invaliditätsgrad 35 Prozent. Mitunter gestalten die Versicherer ihre Gliedertaxe allerdings individuell unterschiedlich. Ein genauer Blick auf die Bedingungen ist daher in jedem Fall empfehlenswert.

Was ist bei gefährlichen Hobbys zu beachten?

Wer in der Freizeit Extremsportarten wie Fallschirmspringen oder Freiklettern ausübt, taucht oder auf die Kartbahn geht, sollte klären, ob diese Aktivitäten beim jeweiligen Anbieter abgedeckt sind. Bei Hobbys wie Bergsteigen wird mitunter ein Risikoaufschlag fällig, Kampfsportarten wie Boxen sind oft gar nicht versicherbar.

Versicherungen im Vergleich

Die Stiftung Warentest hat aktuell 117 Tarifangebote für eine private Unfallversicherung für Berufstätige und Kinder getestet – und dabei große Preisunterschiede festgestellt.

Auf den Testsieger Allianz „Unfallschutz Plus“ für jährlich 354 Euro folgt der Tarif „Interrisk XXL mit Maxi-Taxe“ mit einem Jahresbeitrag von 266 Euro für Erwachsene, die nicht zu den höher Gefährdeten zählen. An dritter Stelle liegt laut Finanztest der „DFV Unfallschutz Flex mit Leistungspaket Komfort“ ab 390 Euro. Gut bewertet und günstig sind die Tarife „Waldenburger Premium“ ab 127 Euro Jahresbeitrag, „Basler Silber“ ab 69 Euro und „LBN Besser“ ab 118 Euro.

Die zehnte Ausgabe des Hefts „Finanztest“ der Stiftung Warentest erscheint an diesem Donnerstag, 19. Oktober 2018. Darin geht es unter anderem auch um Patientenverfügungen.