Zwei Desaster unmittelbar nebeneinander. Hundert Meter Luftlinie trennen das Schauspielhaus vom zerstörten Schlosspark. Ich komme gerade von einer längeren Auslandstournee zurück und wurde überall – teils spöttisch, teils ungläubig – auf das Katastrophenprojekt Stuttgart 21 angesprochen.

 

Dazu konnte ich natürlich viel erzählen. Aber jedes Mal dachte ich mir dabei: Es gibt ein weiteres blamables Bauvorhaben in Stuttgart, von dem viele zwar nichts wissen, das aber weiteren Kreisen offenbar würde, käme meine Inszenierung „Das große Fressen“, die am 21. Juni Premiere haben sollte, doch nicht heraus. Und dass sie nicht herauskommt, könnte nun ja tatsächlich passieren!

Als ausgewiesener Stuttgart-21-Gegner wundert mich das Theatersanierungsdebakel aber gar nicht mehr. Die Mechanismen sind ja hier wie da die gleichen. Dilettantische Politiker versuchen mit noch dilettantischeren Baufirmen, Zeitpläne einzuhalten, Bauvorgaben zu erfüllen, Budgets zu verwalten. Und dabei werden die Baustellen ganz selbstverständlich immer teurer und dauern natürlich auch immer länger. Termine werden verschoben, Kosten steigen unaufhörlich, Versprechen werden gebrochen. Politiker sehen zu, greifen aber nicht ein. Niemand übernimmt die Verantwortung für die jeweiligen Trauerspiele, schon gar keiner seinen Hut. Und wir alle, die Steuerzahler, kommen wie immer für das Versagen der Ministerien und Firmen alleine auf.

Die Häme in Ländern der sogenannten Dritten Welt ist besonders groß, galt derlei ausgestellter Dilettantismus doch bisher als Merkmal ihrer eigenen, rückständigen Wirtschaftsweise. Man mag es nicht glauben, aber es ist so: Es gibt derzeit keine Stadt in Deutschland, die so offensichtlich, so schamlos und für alle ersichtlich das Geld ihrer Bürger zum Fenster hinauswirft wie die baden-württembergische Landeshauptstadt. Wir haben hier gleich zwei Skandale. Direkt nebeneinander. Und die Welt lacht uns aus.