Was sagt die Basis in Stuttgart zur Großen Koalition. Der Kreisvorsitzende Dejan Perc sieht „keinen großen Wurf“. Andere sehen die Entscheidung positiver. Manch einer hat sich aber auch richtig geärgert.

Lokales: Armin Friedl (dl)

Stuttgart - Der SPD-Kreisvorsitzende Dejan Perc gibt unumwunden zu, dass er „nie ein Fan der Großen Koalition war“. Er habe jetzt aber die Hoffnung, dass es einige überragende Punkte gibt, die überzeugen. Seine erste Einschätzung: „Was jetzt so als Erstes bekannt geworden ist, muss ich sagen: Ein großer Wurf ist das nicht geworden.“ Aber am Montag werde der Kreisvorstand tagen, in etwa eineinhalb Wochen die Kreismitglieder, dann werden wir ein qualifiziertes Urteil fällen können. Sehr erfreulich an der Sache sei, dass wir jetzt mehr als 200 neue Mitglieder haben. Per ergänzt: „Die wollen wir jetzt alle einbinden in die Urteilsfindung. Eine Empfehlung will ich jetzt aber noch nicht abgeben.“

 

Martin Körner, SPD-Fraktionchef im Stuttgarter Gemeinderat, lobt die Einigung: „Das erreichte Ergebnis ist aus städtischer Sicht sehr gut. Es wurde vieles erreicht für den Nahverkehr, eine Vereinbarung für mehr Wohnbau oder für mehr Kinderbetreuung.“ Auf die Stadt heruntergerechnet, könne man von 30 Millionen Euro zusätzlich ausgehen. Hinzu komme noch die Beteiligung des Bundes bei Schulsanierungen. Dass nicht jeder Genosse mit der Groko glücklich ist, weiß aber auch Körner nur zu genau: „Dass es immer noch viel Kritik daran gibt in der SPD, geht in Ordnung, wir sind eine demokratische Partei, Zustimmungen von 90 plus x Prozent wären nicht demokratisch. Ich werde für das erreichte Ergebnis werben.“

Ute Vogt sieht eine „deutliche SPD-Handschrift“

Die SPD-Bundestagsabgeordnete Ute Vogt ist sich sicher, dass „sich das lange Verhandeln gelohnt hat“. Für Stuttgart sei sie vor allem froh, dass man im Bereich Mieten und Wohnen so viel erreichen konnten, das sei eines der zentralen Themen für unser Leben in der Stadt. Sie ergänzt: „Insgesamt gefällt mir sehr gut, dass wir künftig eine sehr aktive Europa-Politik machen werden.“ Bei der Bildung werde es jetzt möglich sein, dass Investitionen vom Bund direkt in die Schulen fließen. Die beitragsfreien Kindergärten werden die Familien entlasten. Die Landesregierung müsse jetzt diese Chancen aufgreifen. In den Jamaica-Verhandlungen habe das gefehlt, vor allem die Grünen hätten sich da ja vehement gewehrt. Vogt ergänzt: „Dieser Koalitionsvertrag hat jetzt eine so deutliche SPD-Handschrift, dass wir das jetzt einfach machen müssen.“

Marion Eisele, SPD Vorsitzende Stuttgart-Süd, weist auf die Gespaltenheit der Mitglieder hin: „Sie sind ja schon seit Wochen uneins über die Aussicht auf eine weitere Koalition mit CSU/CSU.“ Er denke, dass, die Ansage von Martin Schulz, das Außenministerium zu führen, auf harsche Kritik stoßen wird, da seine Voransagen zuvor ja diametral entgegengesetzt. Heiner Scholz, SPD-Ortsvorsitzender S-West, hat das Zustandekommen der Groko nicht überrascht: „Dass es zu einer Einigung kommt, war zu erwarten. Auch die Verteilung der Ministerien ist in Ordnung: Das Finanz- und das Arbeitsministerium sind Kernkompetenzen der SPD, da können wir unsere Handschrift zeigen.“ Andere Einigungen wie in der sachgrundlosen Befristung hätten ihn noch nicht überzeugt, das werde er sich noch im Detail anschauen. Scholz ergänzt: „Ob unser Ortsverein zustimmen wird oder nicht, kann ich jetzt noch nicht sagen, unsere nächste Versammlung ist am 21. Februar.“ Sehr erfreulich sei, dass es seit den Koalitionsverhandlungen mehr als 30 neue Mitglieder im Ortsverein gebe: „Ich hoffe, die werden lebhaft mitdiskutieren.“

Viele Fragezeichen und Ärger über zähe Verhandlungen

Martin Härer, Ortsvorsitzender der SPD Feuerbach, sieht noch viele Fragezeichen: „Was da herausgekommen ist, ist ja noch sehr spekulativ. Da bleiben noch viele strittige Punkte offen. Das sind etwa die Verteilung der Ministerien, das ist die Sache mit der Bürgerversicherung. Ob das ein gutes Ergebnis ist, werden wir noch prüfen, wir werden dies auch in unserem Ortsverein noch ausführlich diskutieren. Aber erst mal müssen wir das Ergebnis setzen lassen. In einigen Punkten habe ich mir aber schon mehr erwartet. Frank Gloël, Vorsitzender des SPD-Ortsvereins Bad Cannstatt hat die Verhandlungen mit „positiver Anteilnahme“ verfolgt: „Es hat mich dennoch geärgert, dass dies stellenweise so zäh vonstatten ging. Nach außen haben wir das Bild einer sehr zerstrittenen Partei abgegeben, das hat mir ebenso nicht gefallen.“ Jetzt sei er aber zuversichtlich, dass die Mitglieder dem Ergebnis in der Mehrheit zustimmen werden. Björn Selent, SPD-Ortsvorsitzender in Möhringen hat die Verhandlungen „neutral begleitet“. Er ergänzt: „Die Ergebnisse, die bisher bekannt geworden sind, finde ich im Detail gut, damit kann man als Sozialdemokrat leben. Aber was nun genauer verhandelt wurde, kenne ich noch nicht, da werde ich jetzt noch ausführlich reinschauen.“