Störfeuer bei der Biathlon-WM in Antholz Zickenzoff auf Italienisch

Dorothea Wierer ist das Gesicht des Biathlon in Italien – wie die Bildergalerie belegt. Die Weltmeisterin hat sich für die WM in ihrer Geburtsgemeinde Antholz viel vorgenommen. Doch eine Teamkollegin schießt quer.
Antholz - Am Beginn des Antholzer Tals, wo es sich vom Pustertal abzweigt, befindet sich eine markante Wegmarke. Eine Art Meilenstein. In einem Kreisverkehr steht die Silhouette einer Frau, die stehend ein Gewehr im Anschlag hält; eine Gestalt mit markantem Pferdeschwanz. Wer sich ein klein wenig in der Welt des Biathlon zuhause fühlt, dem kommt ein Name in den Sinn: Dorothea Wierer. Die Südtirolerin, in Rasen-Antholz am 3. April 1990 geboren, Massenstart-Weltmeisterin von Östersund 2019, erste Italienerin, die sich vergangenen Winter den Biathlon-Gesamtweltcup sicherte. Doro Wierer, das Gesicht des Biathlon in Italien und der WM 2020 in Antholz. „Es wäre das Größte, hier einen Titel zu gewinnen“, sagt sie, „natürlich stehe ich unter hohem Erwartungsdruck. Ich muss darauf achten, nicht zu überpowern, um etwas mit Gewalt zu erzwingen.“
Mit Druck kann sie umgehen, aber das ist nicht das Einzige, was die Lokalmatadorin vor dem Start im Sprint an diesem Freitag (14.45 Uhr/ZDF) beschäftigt. Sie muss sich auch mit Lisa Vittozzi herumschlagen. Verbal. Die fünf Jahre Jüngere, Vize-Weltmeisterin im Einzel und Gesamtweltcup-Zweite im vergangenen Jahr, hat kurz vor der Heim-WM mit Worten scharf auf ihre prominente Kollegin geschossen – aus dem Hinterhalt; dabei ging es um einen Vorfall, der elf Monate her ist. Der längst abgehakt sein sollte. „Sie verzichtete bei der WM 2019 auf den Start in der Staffel, angeblich aus gesundheitlichen Gründen“, ätzte Lisa Vittozzi, „einen Tag später holt sie Gold im Massenstart. Sie verzichtete, um sich zu schonen – mit Zustimmung der Trainer. Diese Affäre hat mich für den Rest der Saison destabilisiert.“ Warum dieser Angriff jetzt? Es handelt sich wohl um eine Melange aus angestauter Verärgerung sowie raffiniertem Kalkül, den Liebling der Fans just vor dem Heimspiel aus der mentalen Wohlfühlzone zu stoßen. Zickenzoff auf Italienisch.
Für den „Playboy“ will sich Doro Wierer nicht ausziehen
Die Worte trafen, es war ein ziemlich schmerzhafter Streifschuss für Doro Wierer. „Ich war geschockt, irritiert und enttäuscht. Es war ein blöder Zeitpunkt, so kurz vor der WM“, entgegnet die Angegriffene in Antholz, „eigentlich habe ich gedacht, wie wären Freundinnen – aber da habe ich mich wohl getäuscht.“ Ganz offenbar. Denn im vergangenen Winter wurde das Italia-Duo noch gerne gemeinsam interviewt, es wurden allerliebste Geschichten gesponnen über die erfolgreichen Italienerinnen, die vom Charakter unterschiedlicher kaum sein konnten. Doro Wierer, die weltoffene Strahlefrau, die Extrovertierte, die stets ihr Make-up in der Sporttasche mit sich führt und liebend gerne Fotos im Bikini und von Galas auf Instagram ins Netz stellt – was ihre 436 000 Follower schätzen. Eine attraktive Frau, wandelbar und wie erschaffen sowohl für den Sportteil von Tageszeitungen als auch für Klatschblätter und Hochglanzmagazine – allerdings hat die Brünette freundliche Angebote des „Playboy“ für Aufnahmen ohne Sportdress bisher ebenso freundlich abgeblockt. „Ich bin eine Frau“, sagt sie, „und das will ich auch zeigen. Ich habe immer Wert auf mein Äußeres gelegt.“
Lisa Vittozzi ist der pure Widerpart zu Wierer
Lisa Vittozzi ist der Gegenentwurf, nicht äußerlich, sie ist eine hübsche junge Frau, doch sonst vereint die Unscheinbare nichts mit dem Sportmodel außer der Liebe zum Biathlon. Die zweimalige Junioren-Weltmeisterin, die südlich von Cortina d’Ampezzo geboren wurde, ist eine Stille, eine, die von sich aus nicht auf Fremde zugeht und sich nicht im Scheinwerferlicht vergnügt, sondern im Licht eines Kaminfeuers auf dem Sofa vor dem Fernseher entspannt. „Die Momente, ganz mit mir alleine zu sein, sind mir heilig“, sagte die 25-Jährige einst, „ich könnte stundenlang Comic-Verfilmungen ansehen.“ Im Winter 2018/2019 waren beide oft Zimmergenossinnen, schon damals konnten feinfühlige Beobachter ahnen, dass sie eine latente Fehde führten. In einem Doppel-Interview begann Wierer den Satz: „Von Lisa hätte ich gerne ...“ Und die Landsfrau fiel ihr ins Wort: „Nichts!“ Auf die Frage nach dem passenden Weihnachtsgeschenk für die jeweils andere entgegnete die Ältere: „Ein Waffeleisen.“ Und die Jüngere meinte, „ein Vorrat an Kamillentee und pflanzliche Schlaftabletten“ seien das nützlichste Präsent für die umtriebige Wierer.
Für die WM ist ein Burgfriede geschlossen. Der Friede von Antholz. Vittozzi hat versichert, die Kollegin zu „respektieren, man muss ja nicht mit allen gut auskommen“. Und Wierer erzählt von einer Aussprache, verbunden mit der Hoffnung, dass „wir die Geschichte irgendwann noch einmal zur Diskussion bringen – und dann ist sie endgültig abgehakt“. Der italienische Zickenzoff ruht während der Heim-WM. Zumindest bis zum Sprint.
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