Ein geflüchteter Syrer muss unter anderem wegen versuchten Totschlags ins Gefängnis, kommt nach Strafverbüßung zurück nach Hemmingen, wird im Ort erneut straffällig. Daraufhin platzt dem Bürgermeister Thomas Schäfer der Kragen. Er geht auf einem für ihn ungewöhnlichen Weg in die Offensive.

Es beginnt im Jahr 2018 mit einem Feuer im ehemaligen Gasthaus Schiff. Der Täter ist ein geflüchteter Syrer, der später wegen einer weiteren Brandstiftung und versuchten Totschlags ins Gefängnis muss. Er verbüßt die Strafe, kommt zurück nach Hemmingen, wird dort erneut straffällig – und verurteilt. Der Syrer nutzt die rechtlichen Möglichkeiten gegen das Urteil vorzugehen, während der Bürgermeister Thomas Schäfer um den Frieden in seinem Ort fürchtet. Er fordert Konsequenzen.

 

Herr Schäfer, Sie fordern die Abschiebung eines geflüchteten, später in Hemmingen wiederholt straffällig gewordenen Syrers. Warum wenden Sie sich über eine Pressemitteilung an die Öffentlichkeit?

Nachdem der öffentliche Gerichtsprozess vom 12. Februar am Amtsgericht Ludwigsburg keinen Niederschlag in der Berichterstattung der Zeitungen fand, hielt ich es für notwendig, diesen Fall zeitnah nach der Verurteilung öffentlich zu machen. Dies auch vor dem Hintergrund, dass die Bekanntgabe in einer Gemeinderatssitzung erst am 25. März hätte erfolgen können. Wir gehen auch deshalb an die Öffentlichkeit, um uns gerade in der aktuellen politischen Diskussion nicht dem Vorwurf auszusetzen, dass Vorfälle unter den Tisch gekehrt werden, die dann eventuell sogar vom politisch rechten Rand publik gemacht werden. Bereits in der Vergangenheit habe ich kaum eine Gelegenheit ausgelassen darauf hinzuweisen, dass die Städte und Gemeinden immer das letzte Glied der Kette sind und viele Entscheidungen aus Brüssel, Berlin oder Stuttgart ausbaden müssen – und allein gelassen werden.

Sie hatten sich zuvor an staatliche Stellen gewandt. Welche Reaktionen bekamen Sie?

Der „Schwarze Peter“ wurde hin und her geschoben und darauf verwiesen – die Antworten erfolgtem vor dem Sturz von Assad in Syrien –, dass es keine diplomatischen Beziehungen nach Damaskus gibt.

Hemmingens Bürgermeister Thomas Schäfer. Foto: Simon Granville

Welche Rolle spielt das Hemminger Bundestagswahlergebnis bei Ihrer Entscheidung, auf diese Weise an die Öffentlichkeit zu gehen?

Das Wahlergebnis spielt für mich keine Rolle. Eher im Gegenteil habe ich mit der Veröffentlichung die Bundestagswahl abgewartet, da das Thema Migration zwar ein sehr wichtiges Thema ist, ich aber die Diskussion nicht noch weiter befeuern wollte, da Deutschland meines Erachtens in Sachen Wirtschaftsstandort gewichtigere Probleme hat.

Was wollen Sie mit der Pressemitteilung bewirken?

Es geht um die Information über Sachverhalte, dass wir zwar Recht und Gesetze haben, diese aber nicht durchsetzen können, was einem Rechtsstaat nicht gut zu Gesicht steht.

Sie befürchten, die Gefahr sei zu groß, dass wenige straffällige Ausländer das gesamtgesellschaftliche Verständnis für Geflüchtete negativ beeinflussen. Leisten Sie nicht genau dem Vorschub, indem Sie einen Einzelfall herausnehmen?

Deutschland bekennt sich in Artikel 16a des Grundgesetzes und in Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention zu seiner moralischen Verpflichtung, verfolgten Menschen Asyl zu gewähren. Dies ist richtig und materiell von einer der größten Volkswirtschaften der Welt auch leistbar. Wenn Asylbewerber sich allerdings nicht an die Regeln halten, muss dieses auch Konsequenzen für diese haben – auch, um nicht alle Flüchtlinge und Asylbewerber in Misskredit zu bringen. Ganz aktuell hat auch der Freundeskreis Flüchtlingshilfe gemeinsam mit unserer Integrationsfachkraft ein neues Sprachcafé ins Leben gerufen, um die Integration der Geflüchteten in unserer Gemeinde zu fördern. Umso wichtiger erscheint es mir, dass durch Straftaten diese vielen Bemühungen nicht gefährdet werden.

Der Syrer ist jetzt erneut zu Gefängnis verurteilt worden. Warum reicht Ihnen das nicht aus?

Aktuell und in den vergangenen Jahren haben wir viel Engagement und natürlich auch finanzielle Mittel investiert, um die Unterbringung von geflüchteten Menschen in Hemmingen möglich zu machen und zu sichern. Selbstverständlich müssen wir Menschen helfen, die vor Krieg und Verfolgung aus ihrer Heimat fliehen und hier Schutz suchen. Wenn diese Menschen dann aber andere gefährden – und zwar insbesondere diejenigen, die wie sie selbst vor Gewalt geflohen sind – dann müssen sie unser Land wieder verlassen. Sonst können wir nicht mehr für die Sicherheit aller Bürgerinnen und Bürger garantieren und in dieser Hinsicht nehme ich meinen Amtseid sehr ernst.

Nämlich?

Darin heißt es, dass ich das Wohl der Einwohnerinnen und Einwohner nach Kräften fördere und Recht achten und verteidigen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde. Einwohnerinnen und Einwohner sind auch jene Menschen, die als Geflüchtete zu uns gekommen sind und die sowohl bei der Brandstiftung als auch beim jüngsten Angriff in Mitleidenschaft gezogen wurden. Darüber hinaus gilt es, das Recht zu verteidigen. Und das meint auf der einen Seite ein Asylrecht – aber auch ein Aufenthaltsgesetz, das eine Abschiebung vorsieht, wenn man sich nicht an die Regeln eines demokratischen Rechtsstaates hält.

Zur Person

Der Bürgermeister
Thomas Schäfer, Jahrgang 1982, ist seit 2010 Bürgermeister der rund 8200 Einwohner zählenden Gemeinde Hemmingen im Kreis Ludwigsburg. Der Christdemokrat war 2017 nahezu konkurrenzlos mit gut 96 Prozent der Stimmen im Amt bestätigt worden. Der Diplom-Verwaltungswirt sitzt für die CDU im Kreistag.