Am Donnerstag ist in Paris der Strafprozess zu Ende gegangen, in dem sich Fußballstar Franck Ribéry wegen „bezahlten Geschlechtsverkehrs mit einer Minderjährigen“ zu verantworten hatte. Der Fall gewährte tiefe Einblicke ins Nachtleben der Stadt.

Paris -  Wie schön wäre das Leben, wenn es Polizei und Justiz nicht gäbe. Der Ruf des kürzlich beinahe zum Weltfußballer  geadelten Franck Ribéry wäre nicht beschädigt. „Das familiäre Ruinenfeld“, das der Anwalt des bei Bayern München brillierenden Franzosen im Hause Ribéry ausgemacht hat, hätte es nie gegeben. Niemand hätte erfahren, dass sich der Starspieler zur Feier seines 26. Geburtstags im April 2009 in einem Münchner Hotel mit dem damals 17-jährigen Escort-Girl Zahia Dehar amüsiert hat.

 

Doch Polizei und Justiz haben ihres Amtes gewaltet. Am Donnerstag ist in Paris der viertägige Strafprozess zu Ende gegangen, in dem sich der heute 30-jährige Fußballstar wegen „bezahlten Geschlechtsverkehrs mit einer Minderjährigen“ zu verantworten hatte. Gewiss, die Gefahr, dass Bayern Münchens Flügelflitzer bis zu drei Jahre hinter Gitter kommt, dürfte nun ein für alle Mal gebannt sein. Zahia Dehar hatte bereits beteuert, dem prominenten Freier ihr wahres Alter verschwiegen zu haben. Der Staatsanwalt zog vor der 16. Strafkammer die naheliegende Konsequenz, räumte ein, der Nachweis, der Angeklagte habe von der Minderjährigkeit der Prostituierten gewusst, sei nicht zu erbringen, und plädierte „schlicht auf Freispruch“. Ribéry und sein bei Real Madrid stürmender Kumpel Karim Benzema, der sich des gleichen Vorwurfs zu erwehren hatte, dürften es freudig vernommen haben. Sie waren dem Prozess ferngeblieben, hatten sich durch Anwälte vertreten lassen, um das öffentliche Interesse nicht zusätzlich zu schüren.

Richter wird ins Pariser Nachtleben eingeführt

Und doch ist der Flurschaden immens. Er beschränkt sich offenbar auch nicht auf die Welt Ribérys. Die Pariser Zuhälterszene scheint ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen worden zu sein. Auch sie soll vor dem Eingreifen von Polizei und Justiz ein Idyll gewesen sein. Das hat zumindest der Mitangeklagte Abousofiane Moustaid versichert, der auch Abou genannt wird. Der ehemalige Absolvent der französischen Casting Show „Nouvelle Star“, der im mittlerweile geschlossenen Pariser Café  Zaman Kontakte zwischen Frauen und Freiern angebahnt hatte, tat sich im Prozess mehrfach hervor. Zum einen zeichnete er sich durch körperliche Anwesenheit aus, zum anderen durch Gleichmut.

Mit großer Geduld versuchte er, den Richter Denis Couhé ins Pariser Nachleben einzuführen.  Grundbegriffe zum Verständnis desselben, brachte er dem Juristen bei, darunter Starfuckerinnen, französisch: Starfuckeuses, was laut Abou so viel wie bedeutet wie junge Frauen, die um fast jeden Preis mit einem Star ins Bett gehen wollen. Dass der Terminus, von Prozessbeteiligten aufgegriffen, zu einem dezenten „Starfocus“ mutierte, brachte Abou nicht aus der Ruhe. Ungerührt führte er weitere Schlüsselbegriffe ins Verfahren ein: Eine Michetonneuse sei eine junge Frau, die nicht allein am Ruhm, sondern auch ein wenig am Geld eines Freiers interessiert, aber keineswegs eine Prostituierte sei, erläuterte der Experte. Es folgte der für den Richter leicht verständliche Schluss: Im Café Zaman, wo einst auch Zahia Dehar anzutreffen gewesen sei, habe er ausschließlich Kontakte zu liebenswürdigen Starfuckeuses und Michetonneuses angebahnt, sagte Abou. Mit Prostitution und Zuhälterei  habe das nichts zu tun gehabt.

Staatsanwaltschaft wirft Abou schwere Zuhälterei vor

Die Justiz hat die Nachhilfe nicht honoriert. Der Staatsanwalt hat Abou „schwere Zuhälterei“ vorgeworfen und anderthalb Jahre Haft gegen ihn beantragt. Das Urteil soll in ein paar Wochen verkündet werden. Die Hilfsorganisation „Aktionsteams gegen Zuhälterei“ hat den Richter wissen lassen, so ein Escort-Girl-Vermittler könne noch so schöne Märchen erzählen, Frauen seien für ihn immer Ware. Der Staatsanwaltschaft hat klargestellt, dass Ribérys Verhalten „weit entfernt von dem eines Gentlemans“ gewesen sei, aber die moralische Seite der Angelegenheit das Gericht nicht zu interessieren habe.

Tröstlich ist angesichts so vieler juristischer oder moralischer Verlierer allein, dass es auch eine Gewinnerin gibt. Zahia Dehar hat aus der ihr unverhofft zuteil gewordenen Popularität Kapital geschlagen und sich als Dessous-Designerin weltweit einen Namen gemacht.