Psychisch auffällige Gefangene in den Haftanstalten Baden-Württembergs sollen mehr Hilfe erhalten. Justizminister Rainer Stickelberger will nach dem Tod von drei Häftlingen in Bruchsal rasch handeln.

Baden-Württemberg: Heinz Siebold (sie)

Stuttgart - Die von Justizminister Rainer Stickelberger (SPD) nach drei Todesfällen in der Justizvollzugsanstalt Bruchsal eingesetzte Expertenkommission hat am Montag in Stuttgart ihren Zwischenbericht mit zahlreichen konkreten Empfehlungen zur Verbesserung der Betreuung und Versorgung von psychisch auffälligen Gefangenen übergeben. „Unabhängig und mit großem Sachverstand“ habe das 16-köpfige Gremium von Vollzugspraktikern, psychiatrischen Medizinern und Wissenschaftlern in den letzten fünf Monaten „den Umgang mit psychisch auffälligen Gefangenen auf den Prüfstand gestellt“, sagte der Kommissionsvorsitzende Professor Rüdiger Wulf. Die Kommission hat das Justizvollzugskrankenhaus Hohenasperg, das Zentrum für Psychiatrie Südwürttemberg und das Gefängnis in Heimsheim besucht.

 

Der Zwischenbericht sieht 23 Handlungsempfehlungen mit einem Finanzierungsbedarf von rund elf Millionen Euro vor. Sie zielen auf eine Verbesserung der personellen und sachlichen Strukturen ab, um psychisch auffällige Gefangene schnell und zuverlässig zu erkennen und richtig zu behandeln. Die Gefängnisse mit mehr als 400 Haftplätzen sollten flächendeckend mit einer zweiten Arztstelle ausgestattet werden. Weitere externe Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie, 13 weitere Fachpflegerinnen und Fachpfleger für Psychiatrie und acht Fachkräfte im Psychologischen Dienst sollen eingestellt werden.

CDU sieht keinen Neuigkeitswert

Die Kommission stelle den Zwischenbericht jetzt schon vor, damit die Politik schnell reagieren könne, erklärte Vorsitzender Wulf. Der Abschlussbericht im Spätsommer werde dann vertieft auf weitere Aspekte eingehen, etwa auf die Regelungen für ärztliche Zwangsmaßnahmen und das Thema Suizidprophylaxe im Vollzug. Dieses Thema war durch die Todesfälle in den Mittelpunkt des Interesses gerückt. Justizminister Stickelberger sicherte die zeitnahe Prüfung der Vorschläge zu. „Erste Umsetzungen notwendiger Maßnahmen können bereits in einem möglichen weiteren Nachtragshaushalt erfolgen“, sagte der Minister.

„Wir haben diese Forderungen bereits im Herbst 2014 erhoben“, sagte dazu Bernhard Lasotta, CDU-Abgeordneter im Ständigen Ausschuss der Kommission. Der Zwischenbericht habe „keinen Neuigkeitswert“. Der Landesvorsitzende des Bundes der Strafvollzugsbediensteten, Alexander Schmid, erklärte, die Empfehlungen der Kommission seien ein großer Schritt in die richtige Richtung.