Die Sorgen für die Unternehmen sind aber noch nicht vom Tisch. Diese wünschen sich einen neuen Anlauf für ein Freihandelsabkommen zwischen den USA und der Europäischen Union.

Wirtschaft: Ulrich Schreyer (ey)

Stuttgart - Natürlich wäre es Tassilo Zywietz lieber, US-Präsident Donald Trump würde komplett auf die angekündigten Strafzölle für Stahl- und Aluminium verzichten. Doch deren Verschiebung von Anfang Mai auf Anfang Juni wertet der für die Außenwirtschaft zuständige Geschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Region Stuttgart als positives Zeichen. Ähnlich sieht dies auch der Ditzinger Werkzeugmaschinenhersteller Trumpf: Durch die Aussetzung werde immerhin „die Fortsetzung von Gesprächen in einer schwierigen Situation ermöglicht“, meint ein Trumpf-Sprecher.

 

Noch sind diplomatische Lösungen möglich

Die Wirtschaft also atmet erst mal auf. Durch die Aufschiebung der Strafzölle bestehe die Chance, „dass die Bemühungen für eine diplomatischen Lösung Früchte tragen könnten“, heißt es bei Trumpf. „Die Unternehmen warten jetzt erst mal ab, was passiert“, berichtet Zywietz. Ein bisschen mehr Klarheit herrscht nach seinen Worten inzwischen über die betroffenen Produkte aus dem Südwesten. Sowohl bei Stahl als auch bei Aluminium wären dies in erster Linie Bleche, Rohre und Bänder – alles zusammen in einem Exportwert von 128 Millionen Euro im Jahr.

Irgendwelche Zölle werden kommen

Die USA, so meint der IHK-Geschäftsführer, rechneten jetzt auf der Ebene der Fachleute erst mal durch, wie stark denn welche Produkte aus den Vereinigten Staaten von Gegenmaßnahmen der EU betroffen wären – und würden dann wohl konkretere Entscheidungen fällen. Klar ist für Zywietz aber, „dass etwas kommen wird, denn Trump will ja nicht sein Gesicht verlieren“. Und trotz aller Hoffnung auf weitere Verhandlungen ist für ihn auch die Gefahr, dass sich Maßnahmen und Gegenmaßnahmen hochschaukeln könnten, nicht gebannt. Dies gilt übrigens nicht nur für Europa – auch gegenüber Kanada, Mexiko, Brasilien, Argentinien und Südkorea hat Trump seine Strafzölle nur verschoben.

Davon könnte auch Trumpf profitieren: Das Unternehmen führt für seine Produktion in den USA Metallrahmen und Vorprodukte unter anderem aus Kanada und Mexiko ein. Doch wenn die Lieferanten möglicherweise kommende Importzölle über die Einkaufspreise für Vorprodukte weitergäben, „dann hätte das auch Auswirkungen auf unser Geschäft“, meint der Trumpf-Sprecher. Mit einem Umsatz von 420 Millionen Euro sind die USA nach Deutschland und noch vor China der zweitwichtigste einzelne Markt für Trumpf.

Wichtigster Auslandsmarkt für die Maschinenbauer

Nicht nur für Trump , auch für den südwestdeutschen Maschinenbau insgesamt sind die USA der wichtigste einzelne Auslandsmarkt. 2017 wurden dorthin Maschinen für rund fünf Milliarden Euro geliefert – neun Prozent mehr als im Jahr zuvor. „Die Anspannung ist hoch", meint Dietrich Birk, der Geschäftsführer des Maschinenbauverbands VDMA in Baden-Württemberg. Unsicherheit sei immer ein Hemmnis für die Wirtschaft „und für die Investitionsgüterindustrie gilt dies besonders“.

Wie Birk wünscht sich auch Bertram Kandziora, der Vorstandsvorsitzende beim Waiblinger Motorsägen- und Gartengerätehersteller Stihl „einen neuen Anlauf für ein transatlantisches Freihandelsabkommen“. Stihl erzielt ein Drittel seines Umsatzes von 3,8 Milliarden Euro in den USA, „unserem wichtigsten Markt.“ Dank der eigenen Produktionsgesellschaft in Virginia Beach könne man aber der US-amerikanischen Handelspolitik „relativ gelassen entgegenblicken“, meint Kandziora. Verteuern könnte sich allerdings die Einfuhr von Rohmaterialien aus der EU. Die Verschiebung der Strafzölle sollte für weitere Verhandlungen genutzt werden, meint der Stihl-Chef – sie dürfe aber nicht der Auftakt für einen von Monat zu Monat weitergehenden Handelspoker sein.