Was hat es eigentlich mit dem französischen "savoir-vivre", der berühmten Lebensart unserer Nachbarn, auf sich? Die StZ-Redakteurin Ulrike Ebner versucht dem Geheimnis auf die Spur zu kommen.

Straßburg - Das französische "savoir-vivre", diese spezielle Lebensart unserer Nachbarn, ist auf der ganzen Welt bekannt - zu einem großen Teil wegen der französischen Küche. Nicht umsonst kennt man in Deutschland (wohlgemerkt nicht in Frankreich) den Ausdruck "Leben wie Gott in Frankreich". Ich nutze meinen Aufenthalt in Straßburg also auch dafür, um ein bisschen zu schlemmen.

 

Morgens habe ich mich zur Einstimmung auf den Wochenmarkt im Viertel Meinau-Canardière begeben, der jeden Donnerstag am Place de l'Ile-de-France stattfindet. Schon von Weitem roch es nach Minze, Basilikum und eingelegten Oliven. An den ersten Marktständen angekommen, gab es auch für die anderen Sinne einiges zu entdecken: Früchte und Gemüse in allen Formen und Farben. Bei einem indischen Händler habe ich eine Jackfrucht probiert - ein riesiges Etwas mit einer stacheligen Haut, dessen gelbes, süßes Fleisch an Mango erinnert.

Auf meinem Weg entlang der Stände sah ich elsässische Produkte, marokkanische Gewürze, französische Brioche neben arabischem Fladenbrot. Dieser Markt ist genauso multikulturell wie die französische Gesellschaft. Diese Vielalt habe ich während meiner Woche in Straßburg auch in den Restaurants im Stadtzentrum entdeckt. Elsässischer Flammkuchen, bretonische Galettes, tunesisches Tajine, japanisches Sushi...

Das Geheimnis des "savoir-vivre"

Natürlich kam ich nicht umhin, die elsässische Küche zu probieren. Mein erster Baeckeoffe, ein typisch elsässischer Eintopf aus Kartoffeln, Gemüse und verschiedenem Fleisch, war sehr lecker, auch wenn mich das Gericht doch sehr an die gutbürgerliche schwäbische oder badische Küche erinnert. Sauerkraut, Spätzle, Fleischküchle, Schlachtplatte - all das findet sich auf beiden Seiten des Rheins wieder. Trotzdem werde ich das Gefühl nicht los, dass im Elsass, wie in ganz Frankreich, das Essen im Alltag stärker zelebriert wird. Viele Franzosen gehen auch in der Mittagspause ins Restaurant, trinken ein Glas Wein dazu und nehmen sich Zeit.

Sich Zeit nehmen für die kleinen Freuden des Alltags, das ist wahrscheinlich das Geheimnis diese sagenumwobenen französischen "savoir-vivre".

Das Projekt Ulrike Ebner, Online-Redakteurin bei der Stuttgarter Zeitung, verbringt eine Woche bei der elsässischen Tageszeitung "Dernières Nouvelles d'Alsace" (DNA) in Straßburg. Ihre Erfahrungen schreibt sie in einer täglichen Kolumne in ihrer Gastzeitung auf französisch nieder - und auf deutsch im Online-Angebot der StZ. Zeitgleich ist Xavier Thiery, Redakteur der DNA, zu Gast in Stuttgart und notiert seine Erlebnisse in der StZ. Weitere Infos zum Austauschprojekt sowie alle Kolumnen finden Sie auf unserer Themenseite im Internet.