Der Autohersteller Mercedes steigert den Gewinn stark und will weiter zulegen. Doch die positiven Erwartungen sind von extremer Unsicherheit geprägt.

Automobilwirtschaft/Maschinenbau : Klaus Köster (kö)

Der Stuttgarter Autohersteller Mercedes-Benz Group hat in den Sommermonaten Juli bis September wieder sehr gute Geschäftszahlen erzielt und den Gewinn ebenso gesteigert wie den Umsatz und die Rendite. Bei der für das Pkw-Geschäft zuständigen Sparte Mercedes-Benz Cars stieg die Rendite von 8,8 auf 14 Prozent, der Gewinn auf mehr als vier Milliarden Euro, was mehr als einer Verdoppelung entspricht. Im gesamten Konzern, zu dem auch die Van-Sparte und die Finanzsparte gehören, stieg der Gewinn um 83 Prozent.

 

Zu der günstigen Entwicklung trug wie schon in den Monaten zuvor der Umstand bei, dass die Nachfrage das Angebot überschritt und Mercedes somit die gestiegenen Kosten gut in den Preisen unterbringen konnte. Hinzu komme die Kostendisziplin, zu der auch ein Programm zur Reduzierung der Fixkosten gehört. Dieses soll dazu beitragen, die Gewinnschwelle zu senken, so dass das Unternehmen auch bei schwachen Verkaufszahlen nicht mehr so schnell in die roten Zahlen rutscht. Die Gewinnschwelle liegt nach Angaben von Finanzchef Harald Wilhelm inzwischen bei nur noch einer bis 1,5 Millionen Fahrzeugen pro Jahr.

Angesichts der guten Entwicklung setzt Mercedes nun die Messlatte für das Gesamtjahr höher. Die Umsatzrendite im Pkw-Geschäft soll nicht mehr bei 12 bis 14, sondern bei 13 bis 15 Prozent liegen, nachdem sie im dritten Quartal den bisherigen Korridor bereits überschritten hatte. Bei den Vans wird die erwartete Rendite ebenfalls angehoben.

Prognosen unter großen Vorbehalten

Allerdings stellt Mercedes seine Prognosen unter große Vorbehalte. Die Rahmenbedingungen seien weiterhin durch einen „außergewöhnlichen Grad an Unsicherheit geprägt“. Der Krieg in der Ukraine wirke sich auf die Lieferketten ebenso aus wie auf die Verfügbarkeit und die Preisentwicklung von Energie und Rohstoffen. Erschwert werde der Ausblick durch den Inflationsdruck, die damit verbundenen Zinserhöhungen der Zentralbanken und den weiteren Verlauf der Pandemie, insbesondere in China. Vor einigen Tagen hatte Konzernchef Ola Källenius von einer „Makronervosität, besonders in Europa“ gesprochen, für die man sich zu wappnen habe.

Einen hohen Stellenwert nimmt die Vorsorge gegen eine weitere Verschlechterung der Rahmenbedingungen ein. Man arbeite weiter an der Reduzierung oder dem Ersatz von Erdgas in der Fahrzeugproduktion und sieht hier ein Einsparpotenzial von rund 50 Prozent. Zudem sichere man die Lieferketten ab.

Keine Absicht, Listenpreise zu senken

Selbst wenn die Nachfrage wegen der in Europa erwarteten Rezession einbrechen sollte, will der Konzern an der Hochpreisstrategie festhalten. „Wir haben keine Absicht, die Listenpreise zu senken, und keine Absicht, die Anreize zu verstärken“, so Wilhelm. Man werde viel mehr „definitiv versuchen, die Marge zu schützen“, statt mehr Neuwagen mit höheren Rabatten in den Markt zu drücken. Bislang aber sei die Nachfrage weltweit gut.

Ohnehin verfolgt der Konzern das Ziel, verstärkt luxuriöse Fahrzeuge anzubieten und die Modellpalette im unteren Segment auszudünnen. Luxus sei „nicht immun gegen wirtschaftliche Zyklen, aber die Ausschläge nach oben und unten werden stärker getilgt“, sagte Källenius vor einigen Tagen.

Völliger Rückzug aus Russland

Die geopolitische Situation führt nun zu einem völligen Rückzug des Unternehmens aus Russland. Bereits im Frühjahr hatte Mercedes das Russland-Geschäft auf Eis gelegt, nun will man es an den lokalen Autohändler Avtodom verkaufen. Es fehlt dafür nur noch die Genehmigung der Behörden.

Der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer, Chef des Duisburger Forschungsinstituts CAR, warnt davor, dass Tesla beim Absatz zu Mercedes aufschließt. In diesem Quartal lägen die Amerikaner bereits bei rund zwei Dritteln des Mercedes-Absatzes, im nächsten Jahr dürfte er auf 80 bis 90 Prozent steigen. Zudem habe Tesla schon jetzt eine höhere Umsatzrendite als Mercedes.