Porsche zieht Konsequenzen aus der Abgasaffäre – und setzt künftig stärker auf Hybridtechnologie und Elektromobilität

Stuttgart - Noch bevor sich Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Chefs der deutschen Autokonzerne am Sonntag in Berlin zusammensetzten, um über Maßnahmen gegen Dieselfahrverbote zu beraten, meldet der Stuttgarter Autobauer Porsche, dass er künftig keinen Dieselantrieb mehr anbieten wird. Damit verabschiedet sich der erste deutsche Autobauer von dieser Technologie. „Porsche verteufelt den Diesel nicht. Er ist und bleibt eine wichtige Antriebstechnologie“, sagt Vorstandschef Oliver Blume. „Für uns als Sportwagenhersteller, bei dem der Diesel traditionell eine untergeordnete Rolle gespielt hat, sind wir zu der Überzeugung gelangt, künftig ohne Diesel auskommen zu wollen.“

 

Die Nachfrage nach Dieselmodellen geht zurück

Nach Angaben eines Porsche-Sprechers ist die Nachfrage nach Dieselmodellen rückläufig. Im vergangenen Jahr lag der weltweite Dieselanteil von Porsche bei zwölf Prozent. Wie andere Autohersteller auch, bekommt die Sportwagen-Schmiede die Folgen der Dieselaffäre um manipulierte Abgaswerte zu spüren. Wegen der hohen Belastung der Luft mit gesundheitsschädlichen Stickoxiden wurden in Deutschland gleich in mehreren Städten Fahrverbote verhängt. Das Thema beschäftigt die Gerichte. „Aufgrund dieser veränderten Rahmenbedingungen haben wir uns entschieden, künftig keinen Dieselantrieb mehr anzubieten,“ so der Sprecher – zumal das zum VW-Konzern gehörende Unternehmen nie selbst Dieselmotoren entwickelte oder produzierte. Die kamen von der Porsche-Schwester Audi. Jahrzehntelang hatte Porsche gar keine Dieselmotoren in seiner Fahrzeugpalette. Erst mit den Geländewagen, den SUVs, änderte sich die Linie. Porsche bot Dieselmodelle an – und geriet damit in den Sog des Abgasskandals. Zudem ermittelte die Stuttgarter Staatsanwaltschaft zuletzt wegen des Verdachts auf Betrug gegen drei Beschuldigte.

Porsche hat sich schon vor dem jetzt angekündigten Aus langsam vom Diesel verabschiedet: Seit Februar dieses Jahres laufen keine Dieselmodelle mehr vom Band. Und den Diesel-Panamera ließ der Autobauer bereits 2017 auslaufen. Denn bei Porsche sind vor allem Benziner gefragt: Mehr als drei Viertel aller verkauften Fahrzeuge waren 2017 mit Benzinmotor ausgestattet. Fünf Prozent der verkauften Autos waren Hybridfahrzeuge. Doch das Interesse an Hybridmodellen steige enorm, so Porsche. Beim Panamera etwa würden in Europa 63 Prozent Hybridfahrzeuge bestellt.

Porsche investiert sechs Milliarden in Hybridtechnologie und E-Mobilität

Die VW-Tochter will künftig stärker auf Hybridtechnologie und Elektromobilität setzen. Bis 2022 investiert Porsche mehr als sechs Milliarden Euro in diese Bereiche. „Unser Ziel ist eine technologische Vorreiterrolle. Wir richten unser Unternehmen konsequent auf die Mobilität der Zukunft aus“, so Porsche-Chef Blume. Bis 2025 könnte bereits jedes zweite Neufahrzeug bei Porsche einen Elektroantrieb haben – entweder als Hybrid oder rein elektrisch angetrieben. So kommt nächstes Jahr der erste rein elektrische Sportwagen unter dem Namen Taycan auf den Markt. Dazu hat Porsche im Frühsommer ein Pilotprojekt mit Reservierungen in Norwegen gestartet. Bereits 2000 Vorbestellungen gebe es von Kunden, die 2500 Euro für den Elektroflitzer angezahlt hätten, sagt ein Firmensprecher. Bisher verkaufte Porsche in Norwegen jedes Jahr im Schnitt 600 Autos.

Spitzenrunde mit Angela Merkel und den Autochefs in Berlin

Bei der für den frühen Sonntagabend angesetzten Spitzenrunde von Angela Merkel mit den Autochefs sollte vor allem über Maßnahmen gegen Dieselfahrverbote beraten werden. Auf die Frage, warum Porsche just an diesem Tag sein Diesel-Aus bekannt gab, sagte ein Sprecher: „Reiner Zufall.“ Bei dem Gipfel in Berlin könnte auch eine Entscheidung über eine mögliche Hardware-Nachrüstung älterer Dieselfahrzeuge fallen. Ob die Autobauer finanzielle Zusagen machen, war allerdings offen. Eine Prämie für den Umtausch alter Dieselautos, die mit dem Kauf eines Neuwagens verbunden wäre, hätte nach Ansicht von Experten kaum positive Auswirkungen auf die Schadstoffbelastung in deutschen Großstädten. Ein Umtauschprämie würde im optimistischen Fall lediglich eine Minderung der Stickstoffbelastung um weniger als ein Mikrogramm Kubikmeter Luft bringen, heißt es in einem internen Papier des Umweltbundesamts. Das sei verschwindend gering im Vergleich zur Gesamtbelastung, die etwa in München 2017 im Jahresmittel bei 78 Mikrogramm lag.