Bei Sky ist „Kidding“ zu sehen, die jüngste Zusammenarbeit des Komikers Jim Carrey mit dem Regisseur Michel Gondry. Carrey spielt den todtraurigen Spaßonkel einer Kindersendung. Das wird nichts für die Kleinen, sondern schräge Unterhaltung für die Großen.

Stuttgart - Das Leben kann der Arbeit manchmal übel in die Quere kommen – vor allem, wenn man berufshalber gute Laune haben soll, wenn unverbeulbarer Optimismus die eigene Dauerausstrahlung sein muss, wenn man also der welterklärende, nette, aus Zuversicht und Allwissenheit bestehende Moderatorenonkel einer Puppenshow im Kinderfernsehen ist. Der von Jim Carrey gespielte Jeff Piccirillo sitzt seit Jahrzehnten im Studio einer kleinen Produktionsfirma, deren Kindersendung moderne Folklore geworden ist. Vielleicht war Jeff darauf einmal stolz. In der auf Sky laufenden Serie „Kidding“ lernen wir ihn kennen, als er trauriger lächelt als eine schlecht geschminkte Leiche.

 

Jeff hat einen seiner Söhne bei einem Verkehrsunfall verloren. Seine Ehe ist daran zerbrochen, seine Stimmung schwankt zwischen schlecht verdrängter Depression und beseeltem Baden in philosophischen Gedanken über den Tod. Das macht es ihm schwer, zum x-ten Mal in einer Sendung Vorschulkindern die Namen der Farben nahezubringen. Lieber würde er den Kleinen das Sterben, Trauern, Loslassenmüssen erklären. Jeffs Vater Ed (Frank Langella), zugleich Produzent der Show, muss ihn dann ruppig wieder auf Kurs bringen und daran erinnern, dass er nicht wie ein wundes Privatseelchen agieren darf, sondern wie das Schwungrad einer 120-Millionen-Dollar-Merchandising-Maschine auftreten muss.

Ziemlich anders oder seelisch krank?

Aber wie will einer Tritt fassen, der schon immer zwischen den Welten von Kindheit und Erwachsensein umherdriftete? „Musst du eigentlich“, fragt der überlebende Zwillingsbruder des Gestorbenen seinen Vater, „immer mit allen Menschen so sprechen, als seien sie vier Jahre alt?“

Ein Spaßmacher, dessen Gemüt sich verdüstert – für diese Rolle ist Jim Carrey ideal. Tatsächlich hat Dave Holstein, einer der „Weeds“-Autoren, an ihn und nur an ihn gedacht, als er „Kidding“ entwickelte. Der Grimassenkasper Carrey, der einst in „Ace Ventura“ und in „Die Maske“ als Meister durchgeknallter Albernheit auftrat, wurde im Leben und auf der Leinwand eine immer komplexere Figur.

Seine Leinwandcharaktere waren komische Vögel über tiefen Abgründen. In ihrem Witz leuchtete der Wahnsinn in den Alltag herüber, zwischen schrägem Individualismus und seelischer Krankheit verlief bei ihnen keine erkennbare Trennlinie. Von Peter Weirs „Truman Show“ über Milos Formans „Der Mondmann“ und „Ich, beide & sie“ von den Farrelly-Brüdern bis zu „Vergissmeinnicht“ von Michel Gondry sehen wir einsame Kerle, die nur scheinbar in derselben Welt leben wie ihre Mitmenschen, die nur auf den ersten Blick, wenn überhaupt, normal agieren.

Bloß keine Besinnlichkeit

Der US-Sender Showtime hat Courage gezeigt, als er für „Kidding“ Michel Gondry als bei etlichen Episoden auch Regie führenden Produzenten heuerte. Gondry hat bislang so viel Interesse am Seltsamen, am Irritierenden wie Carrey bewiesen. Und so herrscht hier ein ganz seltsamer Ton, gehen das Makabre und das Zarte, das Gallige und das Traurige, das Alberne und das Nachdenkliche beständig durcheinander.

Was die Autoren, der Regisseur und Carrey vorsätzlich vermeiden, ist pietätvolle Besinnlichkeit. Die wird etwa von den Kindersendungskomparsen, die im Inneren ihres Pferdekostüms Sex miteinander haben, verscheucht. Der Tod und die Trauer, behauptet „Kidding“, seien zu groß, um nur brav von ihnen zu erzählen.

Verfügbarkeit: Sky, alle 10 Folgen sind auch im Streaming abrufbar.