Im Jahr 1991 begann in Deutschland der Hochgeschwindigkeitsverkehr auf Schienen – unter anderem auf der Neubaustrecke zwischen Mannheim und Stuttgart. Nun muss die Infrastruktur saniert werden.

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Stuttgart - Gut zweihundert Personenzüge fahren jeden Werktag über die Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Mannheim und Stuttgart. Diese Belastung hat an der 1991 eröffneten Strecke ihre Spuren hinterlassen. Im Jahr 2020 muss die Trasse für 200 Tage komplett gesperrt werden. Dann rücken Bauarbeiter an und erneuern Gleise, Weichen und die Oberleitung. Fahrgäste müssen sich dann auf längere Reisezeiten einstellen.

 

Langwierige Planungsphase

Kürzere Fahrzeiten und neue Kapazitäten waren der Hauptgrund für den Bau der Strecke. Erste Ideen für einen zusätzlichen Schienenstrang zwischen Stuttgart und Mannheim reichen bis in die 60er Jahre des vorherigen Jahrhunderts zurück. Das Genehmigungsverfahren für einen ersten Abschnitt begann allerdings erst 1974. Zuvor musste die Bahn allzu ambitionierte und damit teure Pläne abspecken. Zudem formierte sich in den Städten und Gemeinden entlang der vorgesehenen Strecke Widerstand. Die in der „Aktionsgemeinschaft Schnellbahntrasse“ zusammengeschlossenen Initiativen trugen den Kampf gegen das von ihnen abgelehnte Großprojekt bis vors Bundesverwaltungsgericht. Das wies letztinstanzlich die Einwendung im Jahr 1990 zurück.

Ein Jahr später ging die Neubaustrecke in Betrieb und verkürzte die Fahrzeiten erheblich. Nach Italien und Frankreich war Deutschland damals das dritte Land in Europa, das auf Neubauten schnell befahrbarer Eisenbahnstrecken setzte.

Hoher Tunnel- und Brückenanteil

Die Vorgabe an die Planer lautete, eine möglichst gerade Linienführung zu finden, die zudem die Nutzung durch Güterzüge erlaubte. Das schloss große Steigungen aus und hatte seinen Preis. Auf den gut 100 Kilometern zwischen Stuttgart und Mannheim reihen sich 15 Tunnel und rund 90 Brücken aneinander. So spannt sich etwa bei Vaihingen/Enz ein mehr als ein Kilometer langes Bauwerk über das Tal der Enz. Das aufwendigste Tunnelstück an der Strecke ist mehr als 6,8 Kilometer lang. Gespart wurde hingegen an der Einbindung der neuen Strecke in das Bestandsnetz. Zwischen Stammheim und Zuffenhausen taucht die Strecke aus einem Tunnel auf und geht in die bereits zuvor dort liegenden Gleise über.

Ein Ausbau zwischen Zuffenhausen und Hauptbahnhof fand nicht statt. Dort müssen sich Fern- und Regionalverkehr sowie die dort verkehrenden drei S-Bahn-Linien vier Gleise teilen. Der Verkehrsclub Deutschland hat darin einen Engpass erkannt und fordert, diese nördliche Zulaufstrecke zum Hauptbahnhof im Zuge von Stuttgart 21 um ein fünftes und sechtes Gleis zu ergänzen.

Fortsetzung in den Süden ließ lange auf sich warten

Überlegungen, die bei der Eröffnung der neuen Strecke 1991 freilich keine Rolle spielten. Der damalige Ministerpräsident Erwin Teufel richtete vielmehr den Blick südwärts und mahnte: „Wir wollen auf die Strecke nach München nicht 15 Jahre warten“. Sollte die Bahn ihren angespannten Zeitplan einhalten, könnte die neue Strecke Richtung Ulm 2021 in Betrieb gehen. 30 Jahre nach dem Neubau zwischen Mannheim und Stuttgart – der muss aber im Jahr zuvor erst einmal einer gründlichen Überarbeitung unterzogen werden.