Am Mittwoch bezeichnete GDL-Chef Weselsky den Schlichtungsvorschlag der Bahn noch als PR-Gag, nun erwägen die Lokführer wohl ernsthaft, das Angebot anzunehmen und den Streik vorzeitig zu beenden.

Frankfurt/Main - Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) erwägt nun doch ein vorzeitiges Ende des bis Sonntag geplanten Streiks bei der Deutschen Bahn. Gewerkschaftschef Claus Weselsky sagte am Donnerstag im Hessischen Rundfunk: „Heute Nachmittag werden wir mitteilen, wie wir den Vorschlag der Deutschen Bahn bewerten. Dann denke ich, dass die Streiks entweder weitergehen oder zu einem vernünftigen Zeitpunkt unterbrochen werden.“

 

Bahnchef Rüdiger Grube hatte am Mittwoch vorgeschlagen, den SPD-Politiker Matthias Platzeck als Vermittler in dem festgefahrenen Tarifkonflikt einzusetzen. In einer ersten Reaktion hatte Weselsky die Bahn noch abblitzen lassen. Er sprach von einem „PR-Gag“, sagte aber einen Prüfung des Vorschlages zu.

Weselsky: Kenne Platzeck nicht

Man sei noch immer an dem Punkt, „wo wir keine Zusage des Bahnvorstandes haben, mit uns Tarifverträge abzuschließen für unsere Mitglieder“ und die Arbeitsbelastung der Lokführer und Zugbegleiter zu senken, sagte Weselsky am Donnerstag im Nachrichtensender N24. Zur Eignung Platzecks als Vermittler wollte er sich nicht äußern: „Ich kenne ihn überhaupt nicht.“

Entscheidend sei, was das Angebot der Bahn enthalte, betonte der GDL-Chef: „Die Bahn versucht, a) damit wieder Zeit zu schinden, b) versucht die Bahn, der Öffentlichkeit weiszumachen, dass wir es nicht mehr auf dem Verhandlungswege schaffen, und c) versucht sie damit zu verdecken, dass sie in unsere Grundrechte eingreifen will.“

Die Lokführer bestreiken seit dem vergangenen September zum achten Mal deutschlandweit den Zugbetrieb der Deutschen Bahn. Am Donnerstag - dem dritten von sechs Streiktagen im Personenverkehr - fuhren nach Bahn-Angaben wie an den Vortagen etwa ein Drittel der Fernzüge und 15 bis 65 Prozent der Regionalzüge.

Industrie beklagt Produktionsausfälle

Am Mittag wollte die Bahn die Ersatzfahrpläne für die folgenden 48 Stunden bis Samstagmittag im Internet veröffentlichen. Die Lokführer hatten angekündigt, bis Sonntag um 9 Uhr zu streiken. Der Güterverkehr wird bereits seit Montag bestreikt. Hier wollte die Bahn am Donnerstag etwa zwei Drittel der sonst üblichen Züge einsetzen. Durch den Streik steigt die Gefahr von Produktionsausfällen in der Industrie von Tag zu Tag.

Die GDL will mit dem Arbeitskampf Tarifverträge auch für diejenigen Mitglieder erkämpfen, die nicht zur Berufsgruppe der Lokführer gehören. Damit begibt sie sich in Konkurrenz zur größeren Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG. In den komplizierten Verhandlungen will die Bahn inhaltsgleiche Vereinbarungen mit beiden Gewerkschaften durchsetzen.

Die Tarifkommission der EVG will am 11. Mai in Fulda über den Stand der Tarifrunde beraten. Auch sie verlangt von der Bahn ein besseres Angebot bis zum 21. Mai. „Entweder wir kriegen dann einen Abschluss am Verhandlungstisch hin, oder es kracht - dann aber richtig“, drohte EVG-Verhandlungsführerin Regina Rusch-Ziemba.