Mitarbeiter von Volvo und Renault Trucks in Korntal-Münchingen streiken. Sie fordern einen Tarifvertrag. Diesen haben andere Niederlassungen im Norden.

Korntal-Münchingen - Die rund 35 Mitarbeiter aus den Bereichen Service und Vertrieb von Volvo und Renault Trucks am Standort Korntal-Münchingen sind sauer auf ihren Arbeitgeber, den schwedischen Nutzfahrzeughersteller Volvo. Seit mehr als einem Vierteljahr kämpfen sie für einen Tarifvertrag. Damit hätten sie die gleichen Arbeitsbedingungen wie die Beschäftigten in tarifgebundenen Kfz-Betrieben. Was die Angestellten besonders ungerecht finden: Zu den tarifgebundenen Betrieben zählen nicht nur Konkurrenten, sondern laut der Gewerkschaft IG Metall auch „nördliche Standorte“ der Volvo Group Trucks, die ein Teil der Volvo-Gruppe ist.

 

Mit einem einstündigen Warnstreik haben mehr als 30 Mitarbeiter am Freitagnachmittag auf dem Betriebsgelände in der Lingwiesenstraße im Münchinger Industriegebiet ihrer Forderung Nachdruck verliehen. Gleichzeitig hatten die Mitarbeiter am Standort Ulm gestreikt. Dort legte laut IG Metall etwa die Hälfte der rund 35 Mitarbeiter ihre Arbeit nieder.

„Große Unterschiede bei Bezahlung und Arbeitszeit“

„Es ist bitternötig, dass wir massiv für unsere Forderung eintreten“, sagt Tekin Yildirim, der bei der IG Metall das Kfz-Handwerk in der Region Stuttgart betreut. Auch der zweite Verhandlungstag Ende Januar hätte kein Ergebnis gebracht. Der Vorschlag der Arbeitgeber eines höheren Entgeltes gehe nicht weit genug. Grundsätzlich, sagt Yildirim, lägen die Konditionen im Tarifvertrag nicht weit weg von den jetzigen Arbeitsbedingungen. „Große Unterschiede gibt es aber bei der Bezahlung und der Arbeitszeit.“

Laut Yildirim verdienen Kfz-Beschäftigte mit Tarifvertrag 20 Prozent mehr Geld als jene ohne. Wer nicht nach Tarif bezahlt wird, muss sein Gehalt verhandeln. Als eine Folge der „schlechten Bezahlung“ kehren viele Angestellte dem Handwerk den Rücken. „Die Industrie nimmt uns hochqualifizierte Arbeitskräfte weg, weil sie besser zahlt“, sagt Yildirim. Im Raum Stuttgart seien etwa Kfz-Mechatroniker mit der Fachrichtung Lkw rar und gerade „sehr gefragt“.

Yildirim kritisiert auch die „Arbeitszeit nach Gutdünken“ bei den Mitarbeitern ohne Tarifvertrag. Damit meint er, dass für den Standort Korntal-Münchingen eine Vertrauensarbeitszeit von 40 Stunden vereinbart wurde – „doch die Realität sieht anders aus“. So berichten Mitarbeiter am Freitag von vielen und unbezahlten Überstunden. „Man kann nicht nachvollziehen, wer wie viel arbeitet“, sagt ein junger Mann. Umso wichtiger finde er es deshalb zu stempeln – wie es die Mitarbeiter an den tarifgebundenen Standorten täten.

Furcht vor Verlust von Flexibilität?

Bei Volvo fürchtet man offenbar um den Verlust der Flexibilität der zwei Gesellschaften. „Seit vielen Jahren hat sich die Praxis von flexiblen innerbetrieblichen Regelungen bewährt“, sagt ein Sprecher der Volvo Group Trucks Central Europe auf Anfrage. Daher hätten beide Geschäftsleitungen erste Vorschläge auf betrieblicher Ebene unterbreitet. „Sie zeigen sich weiterhin gesprächsbereit, um eine einvernehmliche Lösung zu finden.“

Die Mitarbeiter glauben an einen Tarifvertrag – weil andere Niederlassungen erfolgreich waren. „In Hamburg haben die Angestellten zwei Tage gestreikt“, erzählt ein Mitarbeiter. Auch die Gewerkschaft erwartet einen positiven Ausgang. „Das Unternehmen hat verstanden, dass es etwas tun muss“, sagt Yildirim. Er hofft auf zeitnahe Gespräche.

Landesweit sind laut IG Metall mehr als die Hälfte der Beschäftigten im Kfz-Handwerk tarifgebunden. Im Raum Stuttgart sieht es bei den mehr als 6000 Beschäftigten ähnlich aus. Nach Angaben von Volvo haben die zwei Gesellschaften deutschlandweit 23 Standorte. Davon sei „der überwiegende Teil nicht tarifgebunden“.

2007 hatten im Kfz-Gewerbe die Arbeitgeber die Tarifverträge gekündigt, nachdem der Arbeitgeberverband die Tarifhoheit in Tarifgemeinschaften ausgegliedert hatte. Nicht alle Betriebe haben sich einer solchen Gemeinschaft angeschlossen und sind tariflos geblieben.