Der Vorstand der Fluglinie und die Gewerkschaft schieben sich gegenseitig die Schuld am Scheitern der Tarifgespräche zu. Arbeitsniederlegungen könnten zu Chaos auf den Flughäfen führen.

Frankfurt - Peter Gerber hatte auch keine Erklärung parat. Aus Kundensicht könne man kein Verständnis für Streiks haben, sagte das Mitglied des Passagevorstands der Lufthansa. Bis zum frühen Morgen hatten die beiden Tarifparteien noch miteinander verhandelt, das Management der Fluglinie sei den Flugbegleiterinnen und Flugbegleitern weit entgegen gekommen. Alle hätten bei etwas höheren Einsatzzeiten mehr Geld bekommen. Nur neue Mitarbeiter hätten leichte Einbußen hinnehmen müssen. Dafür sei die Lufthansa bereit gewesen, auf den Einsatz von Fremdarbeitern zu verzichten.

 

Zwei Stunden zuvor hatte der Chef der Flugbegleiter-Gewerkschaft Ufo, Nicoley Baublies, das noch anders dargestellt. Das Management habe eine „ansatzweise echte“ Absicherung gegen die Auslagerung von Arbeitsplätzen abgelehnt. Dagegen habe die Gewerkschaft bei ihren Forderungen erhebliche Abstriche gemacht. Jetzt, so sagte Baublies, bliebe nur noch der Arbeitskampf, dem die Flugbegleiter bereits vor Wochen in einer Urabstimmung grundsätzlich schon zugestimmt hatten.

Erst wenige Stunden zuvor ankündigen

Es werde zunächst kurzfristig zeitlich begrenzte Arbeitsniederlegungen geben. „Mittelfristig wird ein unbefristeter Streik vorbereitet“, sagte Baublies. Der Ufo-Vorsitzende machte keine konkreten Angaben dazu, wann und wo gestreikt werden soll. Denkbar sind nach seinen Angaben zeitlich und örtlich begrenzte Arbeitsniederlegungen. Diese werde man aber erst wenige Stunden zuvor ankündigen, „wenn überhaupt“. Der Gewerkschaftsvorsitzende erklärte, dass der Vorschlag der Lufthansa unter dem Strich zu Gehaltseinbußen von bis zu 1300 Euro geführt hätte. Offenbar gebe es derzeit eine Krise in der Vorstandsebene des Unternehmens, meinte Baublies.

Die Verhandlungen seien letztlich daran gescheitert, dass es durch die Forderungen der Gewerkschaft zu „deutlichen Kostenerhöhungen“ gekommen wäre, sagte dagegen Lufthansa-Vorstand Gerber. Perspektivisch gehe es bei der Lufthansa um den Erhalt aller Arbeitsplätze. Nun aber müsse man in einer ohnehin schwierigen wirtschaftlichen Situation zusätzliche Belastungen stemmen. Durch den Streik könnten Kosten in Millionenhöhe an nur einem einzigen Tag anfallen.

Nicht zu Zugeständnissen bereit?

Gerber widersprach der Darstellung von Ufo, dass man nicht zu Zugeständnissen bereit gewesen sei. Der Konzern habe ein „umfassendes Absicherungskonzept“ vorgelegt, das zumindest für die Laufzeit des Tarifvertrages gegolten hätten. Zudem hätten die Mitarbeiter rund 3,5 Prozent mehr Geld bekommen. Im Gegenzug habe die Lufthansa aber ein Entgegenkommen ihrer Mitarbeiter erwartet. „Angesichts der schwierigen Wettbewerbslage fordern wir einen Beitrag von allen Beschäftigen.“ Beispielsweise sollten die Gehälter nicht mehr so schnell steigen und die Arbeitszeiten der Stewards und Stewardessen verlängert werden, so Gerber.

Bei der Lufthansa Passage betreuen rund 19 000 Flugbegleiter die Passagiere. Ihr Einstiegsgehalt beträgt nach einer zwölfwöchigen Ausbildung 1533,23 Euro zuzüglich einer 16-prozentigen Schichtzulage. Im Laufe eines Berufslebens steigen die Grundgehälter nach einer vielstufigen Tariftabelle auf bis zu 4000 Euro, für die zusätzlich mit Sicherheitsverantwortung ausgestatteten Purser in der Endstufe auf bis zu 7000 Euro. Für verschiedene Tochtergesellschaften wie Swiss, Austrian Airlines oder Germanwings gelten abweichende Tarifbedingungen. Einige Flugbegleiter im Berlin-Verkehr sind auch bei der Leiharbeitsfirma Aviation Power angestellt.

Schon vor einer Woche hatte Lufthansa-Personalchef Stefan Lauer vor Journalisten noch einmal die Notwendigkeit der Kostensenkungsmaßnahmen für die Fluggesellschaft hervorgehoben. Zwar verdiene die Lufthansa anders als viele Konkurrenten noch Geld, die Airline müsse aber Milliarden in den nächsten Jahren investieren, um auch künftig in der „Champions League“ mithalten zu können. Vorrangiges Ziel des seit Jahresanfang laufenden Programms Score sei es, die Effizienz des Unternehmens zu steigern, um das Ergebnis nachhaltig um rund 1,5 Milliarden Euro pro Jahr zu verbessern.