Am Mittwoch wollen viele Beschäftigte im öffentlichen Dienst ihre Arbeit niederlegen. Sie streiken für mehr Lohn – auch weil die Arbeit oft zugenommen habe.

Stuttgart - Die Beschäftigten im öffentlichen Dienst sind kampfbereit“, sagt Uwe Theilen, der Vorsitzende des Gesamtpersonalrates der Stadt Stuttgart. Er rechnet damit, „dass der Aufruf zum Warnstreik am Mittwoch von vielen der 18 000 städtischen Beschäftigten befolgt wird. „Die Kollegen wollen einen Tarifabschluss, bei dem wieder etwas im Geldbeutel hängenbleibt.“

 

Einer dieser Kollegen ist David Trinchillo. Der Mitarbeiter der Abfallwirtschaft Stuttgart (AWS) wird am Mittwoch nicht hinter dem Steuer seines orangefarbenen Mülllasters sitzen. „Die Inflationsrate steigt, unsere Gehälter nicht“, sagt der 48-Jährige. Jeden Monat bleiben von seinem Gehalt nur noch 1800 Euro netto übrig. „Ohne den Verdienst meiner Frau wären wir am Existenzminimum“, sagt der Vater zweier Kinder, die noch in der Ausbildung sind. „Benzin, Brot, Brezel, seit Jahren wird alles immer teurer“, klagt der AWS-Mann. Inzwischen lägen die Gehälter weit unter der Inflationsrate. Zudem sei die Arbeit härter geworden. „Wir verlangen keinen Ehrensold, aber es muss mindestens eine Drei vor dem Komma stehen.“

Seit 14 Jahren bei der Stadt beschäftigt

Auch Marlis Maurer (Name geändert) sagt: „Ich stehe hinter dem Streik.“ Die 34-jährige Erzieherin arbeitet seit 14 Jahren bei der Stadt. Doch von den 2818 Euro brutto, die sie als Leiterin einer Ganztags-Krippengruppe in Vollzeit verdient, bleiben ihr netto gerade einmal 1700 Euro im Monat. „Große Sprünge sind da nicht möglich, mit Urlaub wird’s schon knapp. Alles ist teurer geworden, aber unsere Gehälter sind nicht gestiegen“, sagt sie. Deshalb bestreiken sie und ihre Kolleginnen morgen die Kita in Bad Cannstatt, und die Eltern müssen eben sehen, wie sie ihre Kinder dann betreuen. Der Elternbeirat habe jedoch bei den Eltern um Verständnis für diese Maßnahme geworben. „Eine Kollegin hat eine Mieterhöhung von 70 Euro gehabt – woher soll sie das Geld nehmen?“, fragt Marlis Maurer. Eine andere Kollegin verdiene als Kinderpflegerin mit 24 Jahren auf einer 80-Prozent-Stelle knapp tausend Euro netto. „Die kann davon allein gar nicht leben.“ Das passe in keiner Weise zu dem pädagogischen Anspruch, selbstständige Menschen zu erziehen.

Hinzu komme die gestiegene Arbeitsbelastung. „Wir sind ja keine Betreuungseinrichtung mehr, sondern eine Bildungseinrichtung“, sagt Maurer. Sprachförderung, Elterngespräche, Dokumentationsbögen über die Entwicklung der Kinder – das alles benötige viel Zeit. „Wir sind ja mit Leib und Seele Pädagogen – trotzdem sollte das Geld stimmen“, so Maurer. Auch im Blick auf den Fachkräftemangel sei dies entscheidend. „Viele Praktikanten wären toll geeignet für die Arbeit mit den Kindern, aber die winken ab, wenn sie erfahren, was man verdient.“ Schon jetzt wanderten viele Kolleginnen in die Region ab, weil die Mieten dort günstiger seien. „Der Arbeitgeber zahlt uns kein Fahrgeld“, so Maurer. „Wir hoffen, dass die Verhandlungsführer schnell kapieren, dass sie nicht bei ihrer sturen Haltung bleiben können – sonst können sie sich den Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz gerahmt über den Schreibtisch hängen. Wir werden jedenfalls nicht einknicken, auch wenn’s an die Substanz geht.“

Werner Thümmel, Messgehilfe beim Tiefbauamt, verdient netto 1500 Euro im Monat. Es gebe aber Kollegen, die mit noch weniger auskommen müssten. „Die große Krise ist vorbei, Städten und Gemeinden geht es gut, und für Rettungsschirme sind viele Milliarden vorhanden“, stellt der 57-Jährige fest. „Jetzt wollen auch wir wieder ein Stück vom Kuchen, vor dem Komma muss eine Fünf stehen.“