Im Tarifkonflikt des öffentlichen Dienstes greift Verdi nun zu spürbaren Aktionen. Am Montag wurden Kitas bestreikt. Die Gewerkschaft sollte es aber nicht übertreiben, meint Matthias Schiermeyer.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Anders als der unwägbare Metalltarifkonflikt Anfang des Jahres läuft die Tarifrunde bei Bund und Kommunen bisher wie auf Schienen. Darüber kann die erste massive Warnstreikwelle im öffentlichen Dienst nicht hinwegtäuschen, die die Gewerkschaft seit Wochenanfang auch im Südwesten rollen lässt. Dass Verdi jetzt beispielsweise die Kitas ganztägig bestreikt, stand schon vor Beginn der Verhandlungen fest. Ähnliches gilt für weitere Aktionen nach den Osterferien.

 

Nachholbedarf gegenüber Privatwirtschaft

Mit dem tatsächlichen Verhandlungsstand hat das kaum zu tun. Ein Ergebnis in der dritten Runde Mitte April wird damit nicht mehr oder weniger wahrscheinlich. Auch wenn die Arbeitgeber noch kein Angebot vorgelegt haben, werden sie es vermutlich nicht auf eine große Konfrontation ankommen lassen – nicht in einer Phase von Rekordsteuereinnahmen, in der Bund und Kommunen von einer ansehnlichen Beteiligung ihrer Mitarbeiter ausgehen müssen. Den Arbeitgebern ist auch klar, dass sie angesichts der höheren Einkommenssteigerungen in der Gesamtwirtschaft etwas tun müssen, um attraktiv zu bleiben. Sonst können sie immer mehr Stellen nicht besetzen.

Soziale Komponente als Hauptstreitpunkt

Der Kernkonfliktpunkt schlummert ohnehin in einem Detail: der geforderten Mindestanhebung von 200 Euro. Diese soziale Komponente schafft mehr Gerechtigkeit für die unteren Lohngruppen, würde aber auch einen Abschluss für die Kommunen erst richtig teuer machen. Möglich, dass Verdi wegen der guten Konjunkturlage die Gunst der Stunde nutzen will, um sich auf ganzer Linie durchzusetzen. Reichlich Steigerungspotenzial bei den Streiks hätte die Gewerkschaft zu bieten – weshalb vorsorglich vor Übermut gewarnt sei. Bisher hat sie in den Tarifrunden des öffentlichen Dienstes meist Augenmaß bewiesen. Das sollte so bleiben.

matthias.schiermeyer@stzn.de