Die Mitarbeiter der Station 2M wollen nicht so weitermachen wie bisher. Sie kündigen Konsequenzen an, falls die Geschäftsleitung bis zum 1. August nichts gegen die Personalnot unternimmt.

Ludwigsburg - Der Streit zwischen den Mitarbeitern der Station 2M und der Leitung des Ludwigsburger Klinikums spitzt sich weiter zu. Mit einer Mahnwache haben die Beschäftigten zusammen mit der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi und dem Ludwigsburger Bündnis „Gesundes Krankenhaus“ am Donnerstagmittag vor dem Krankenhaus auf ihre Situation aufmerksam gemacht. Seit Jahren fühlen sich die Pflegekräfte der Belegstation überfordert und kämpfen für eine Entlastung ihres Arbeitsalltags. Passiert ist aus ihrer Sicht bisher nichts – deshalb ziehen sie jetzt Konsequenzen.

 

Bereits im Mai haben die 14 Mitarbeiter der Station die Reißleine gezogen und der Klinikenleitung zusammen mit Verdi ein Ultimatum gestellt. Dieses läuft nun aus: Sollte es bis zum 1. August keine akzeptablen Lösungsvorschläge geben, werden die Beschäftigten künftig nicht mehr aus der Freizeit einspringen, wenn es einen Engpass gibt. Das war bislang Usus – auch wenn es laut dem Betriebsrat Hagen Klee keine arbeitsvertragliche Grundlage für diese Praxis gibt. Doch die Mitarbeiter fühlten sich verantwortlich, sowohl für die Patienten als auch für ihre Kollegen, sagt Ivo Garbe vom Landesfachbereich Gesundheit bei Verdi. Aus diesem Grund hätten sie sich bisher über die Pflicht hinaus engagiert. „Aber die Leute können nicht mehr.“ Deshalb hätten sie Verdi um Unterstützung gebeten.

Geschäftsführung spricht von Fortschritten in Gesprächen

Die Geschäftsführung der Regionalen Klinikenholding (RKH), zu der auch das Ludwigsburger Krankenhaus gehört, hält den steigenden Druck der Gewerkschaft für völlig unpassend. Es gebe Fortschritte in den Gesprächen mit den Stationsmitarbeitern und dem Betriebsrat, heißt es. Trotzdem halte die Gewerkschaft an ihren überzogenen Forderungen fest und instrumentalisiere die Mitarbeiter für ihre politischen Ziele, kritisiert die Klinikenleitung.

Die Beschäftigten und Verdi wollen eine Personalaufstockung erwirken: Statt bisher drei Pflegekräften in der Frühschicht, zwei in der Spätschicht und einer in der Nachtschicht (3-2-1) fordern sie eine Besetzung von 3-3-2 und zusätzlich jeweils eine halbe Stelle mehr für die Pflegeassistenz und das Stationssekretariat. Insbesondere die nächtliche Verstärkung sei überaus wichtig, sagt Ivo Garbe. Denn im Zweifel sei eine Pflegekraft mit 30 Patienten alleine. Zudem könne sie sich wegen der baulichen Situation im Notfall nicht so schnell Hilfe holen: Anders als auf den anderen Ebenen befindet sich auf dem Stockwerk der 2M wegen der dortigen Operationssäle keine zweite Station.

Betriebsrat Hagen Klee sagt: „Die Mitarbeiter fordern keinen Ponyhof, sondern das, was sie aus professioneller Sicht brauchen, um die Arbeit zu erledigen.“ Bei der Geschäftsleitung sieht man das völlig anders. Der Klinikenchef Jörg Martin stellt klar: „Die Forderungen sind einfach nicht erfüllbar.“ Sie gingen an der Realität vorbei: Die Station 2M habe eine sehr schwankende Belegung, deshalb könne man nicht immer mit Maximalbesetzung arbeiten, sondern brauche flexible Mitarbeiter.

Angebot zum Stationswechsel

Ivo Garbe erzählt, dass die Mitarbeiter angesichts der strikten Haltung der Geschäftsführung inzwischen Angst vor Repressionen hätten. Von mehreren Seiten wird berichtet, dass die Klinikenleitung angedroht habe, die gesamte Station zu versetzen, sollte sie am Ultimatum festhalten. Jörg Martin weist das als „Unsinn“ weit von sich. Es habe lediglich ein Angebot gegeben: Wer nicht länger auf der Belegstation 2M mit ihrer naturgemäß hohen Fluktuation an Patienten bleiben wolle, könne auf eine andere Station wechseln.

Hagen Klee sieht keinerlei Kompromissbereitschaft bei der Klinikenleitung. Und das, obwohl vielversprechende Lösungsvorschläge vorhanden seien, die aber nur mit mehr Personal funktionierten. Der Geschäftsleitung ist das Thema offenbar insgesamt ein Dorn im Auge: Sie ließ die Mahnwache an der Ecke Harteneck-/Posilipostraße nach 15 Minuten auflösen: Man wolle diese nicht auf dem eigenen Gelände.

Kommentar: Fehler im System

Die Situation ist extrem schwierig. Es ist kein Geheimnis, dass die Krankenhäuser große Geldsorgen haben und viele mangels finanzieller Mittel kaum den laufenden Betrieb stemmen können. Aber auch der Pflegenotstand ist allgemein bekannt. Es ist sicher nicht einfach, eine Lösung zu finden, bei der genügend Personal gestellt wird und gleichzeitig die Kasse stimmt.

Das Beispiel der Station 2M zeigt allerdings geradezu exemplarisch einen Fehler im System: Denn offenbar läuft der Krankenhausbetrieb noch relativ glatt – jedoch vor allem wegen des übermäßigen Engagements der Mitarbeiter. Anders kann man sich die heftige Reaktion der Geschäftsleitung auf die Ansage der Pflegekräfte, künftig nur noch nach Dienstplan zu arbeiten, kaum erklären. Das System funktioniert deshalb so gut, weil viele Pflegekräfte ihren Beruf mit Herzblut ausüben und es nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren können, dass Patienten oder Kollegen unter ihrer Abwesenheit leiden. Deshalb treten sie zum Dienst an, obwohl sie eigentlich frei haben.

Angesichts all dieser Umstände ist es beachtlich, dass die Station 2M den Mut und die Kraft gefunden hat, sich gegen die Missstände aufzulehnen – sie dürften stellvertretend für viele andere Abteilungen sprechen. Seitens der Geschäftsleitung fällt auf, dass in dieser Sache noch keine Rede von der guten Arbeit ihrer Beschäftigten war. Dass sie wirtschaftliche Zwänge hat und längst nicht alle Wünsche erfüllen kann, ist klar. Aber ein Kompromissvorschlag sowie eine Geste der Anerkennung wären sicher angebracht. Stattdessen lässt sie eine Mahnwache offiziell beenden, bei der 30 Leute auf dem Bürgersteig vor der Klinik stehen. Das lässt tief blicken.