Die Gruppe BZS 23 hatte dem Sozialbürgermeister Betrug und Schikanen vorgeworfen. Davon ist im Urteil der 14. Kammer des Arbeitsgerichts nichts zu lesen.

Stuttgart - Die Gruppe BZS 23 mit den ehemaligen AfD-Stadträten Bernd Klingler und Heinrich Fiechtner ist bei den Kommunalwahlen pulverisiert worden. Beide Vertreter werden dem nächsten Gemeinderat nicht mehr angehören. Zuletzt hatte das Duo versucht, Wählerstimmen zu fischen, indem es in Wortbeiträgen in Ausschüssen und Schmähartikeln im städtischen „Amtsblatt“ den noch bis August im Amt befindlichen Sozialbürgermeister Werner Wölfle (Grüne) scharf attackierte.

 

Die Debatten über die ergebnisoffenen Ermittlungen gegen den Beigeordneten wegen Untreue im Zusammenhang mit dem Klinikum-Skandal wurden von den Stadträten zum Anlass genommen, um Wölfle auch noch schikanöses Verhalten gegen Mitarbeiter, also Mobbing, vorzuwerfen. In einem „Amtsblatt“-Artikel wurde behauptet, er zwinge Mitarbeiter dazu, nicht qualifizierte Unternehmen mit Aufträgen zu versehen. Das sei korruptives Handeln. Wer bei diesen Schurkenstücken nicht mitspiele, werde abgemahnt und gekündigt. Es wurde behauptet, die Prozesse vor dem Arbeitsgericht seien allesamt verloren worden. In einer Ausschusssitzung hatte Klingler dem Bürgermeister sogar unterstellt, eine Mitarbeiterin zum Betrug aufgefordert zu haben.

Stadt ist mit dem Urteil zufrieden

Mittlerweile hat sich das Arbeitsgericht Stuttgart mit dem im „Amtsblatt“ beschriebenen Fall aus der Sozialverwaltung beschäftigt. Die Stadt als Beklagte zeigte sich mit dem Urteil zufrieden. Das Direktionsrecht der Verwaltung sei bestätigt „und die im Raum stehenden Vorwürfe“ seien zurückgewiesen worden. Wichtig sei, dass „eindeutig kein Mobbing vorliegt“, das Gericht habe auch keinen Anlass für Schadenersatz gesehen.

Stadtsprecher Sven Matis legt Wert auf die „Eindeutigkeit des Richterspruchs“, er sei deshalb „von Beteiligten wie Interessierten“ zur Kenntnis zu nehmen. Bernd Klingler, der im Vorfeld der Verhandlung behauptet hatte, „meine Behauptungen sind alle belegbar“, hat auf eine Anfrage unserer Zeitung bezüglich der Kenntnisnahme nicht reagiert. Die Stadt hatte seinerzeit angekündigt, die – auch in einem anonymen Schreiben geäußerten und unter anderen von SÖS-Stadtrat Luigi Pantisano sowie Klingler verbreiteten – Vorhaltungen auf ihre strafrechtliche Relevanz zu prüfen. Wölfle betonte stets, die Vorwürfe entbehrten jeglicher Grundlage.

Laut dem Urteil vom 10. April ist die Stadt lediglich verurteilt worden, eine von drei miteinander in Verbindung stehenden Abmahnungen aus der Personalakte der Mitarbeiterin in Wölfles Referat zu entfernen. Das Arbeitsgericht sah es nicht als bewiesen an, dass die Klägerin ihrem Vorgesetzten „eine nicht zulässige Einmischung in ihren Zuständigkeitsbereich vorgehalten, das Arbeitsgespräch einseitig beendet und den Raum mit schlagender Tür verlassen habe“.

„Im Übrigen wird die Klage abgewiesen“, heißt es überdeutlich im Urteil, es besteht also kein Anspruch auf Zahlung von Schmerzensgeld (gefordert waren mindestens 20 000 Euro) wegen Mobbings. Das Gericht vertritt die Meinung, dass bei diesem Streit über Kompetenzen der Vorgesetzte das letzte Wort habe. Er habe sein Weisungsrecht auch nicht in unzulässiger Form ausgeübt.

Klägerin hat ihre eigene Sicht auf die Dinge

Bis auf einen ganz kleinen Anteil muss die Klägerin für sämtliche Kosten des Rechtsstreits aufkommen. Die Mitarbeiterin betonte dennoch gegenüber unserer Zeitung, „keineswegs überwiegend verloren“ zu haben. Der Mobbing-Tatbestand sei zwar nicht anerkannt worden, solche Klagen habe Richter Lips bisher aber stets abschlägig beschieden. Sie legt auch Wert auf die Feststellung, dass „das vor Herrn Wölfle bestehende gute Arbeitsverhältnis“ fortgesetzt werde. Dies sei eine Aussage der Stadt vor Gericht gewesen. Die Verwaltung weist dies allerdings ebenso zurück wie die Ansicht der Angestellten, sogar der Anwalt des Bürgermeisters sei vor Gericht zur Überzeugung gelangt, dass die „zweifelsfrei schwierige Arbeitssituation von Herrn Wölfle Auslöser“ der Auseinandersetzung gewesen sei.

Schwerbehinderte bekommt Recht

BZS-23-Stadtrat Bernd Klingler hatte in seiner Wutrede noch auf einen zweiten Streitfall Bezug genommen: Auch eine schwerbehinderte Beschäftigte habe über jahrelanges Mobbing durch Vorgesetzte in der Sozialverwaltung geklagt. Das Arbeitsgericht Stuttgart hat tatsächlich die Unwirksamkeit der Kündigung gegen die seit fast 30 Jahren bei der Stadt beschäftigte Frau festgestellt, die laut Urteil infolge eines mit Vorwürfen gespickten Schreibens an den Amtsleiter, den Bürgermeister und OB Kuhn ausgesprochen wurde.

Die Stadt wurde verurteilt, die Klägerin bis zur finalen Klärung des Falls weiterzubeschäftigen. Der Erfolg gründet allerdings auf der fehlenden „ordnungsgemäßen Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung“. Diese müsse unverzüglich und umfassend unterrichtet werden, nachdem der Kündigungswille artikuliert worden sei. Die Stadt ist in Berufung gegangen, der Fall liegt jetzt beim Landesarbeitsgericht.