Stuttgart - Nach seinem nicht ganz freiwilligen Verzicht auf den Vorsitz der baden-württembergischen CDU-Landtagsfraktion hat der stellvertretende Landtagspräsident Wolfgang Reinhart jetzt auch seinen Sitz als Verwaltungsrat bei der landeseigenen L-Bank eingebüßt. Der Schritt war routinemäßig erwartet worden. Ungewöhnlich sind allerdings die Umstände von Reinharts Ablösung. Sie erfolgte nicht als freiwillige Demission, sondern am Dienstag als Beschluss des grün-schwarzen Landeskabinetts.
Verzögerung durch Mallorca-Urlaub
Doch die Darstellung als alternder Politiker, der nur an einem gut dotierten Verwaltungsratsposten klebt, wollte der 65-jährige Reinhart nicht auf sich sitzen lassen. „Für mich war immer völlig klar, dass ich beide Funktionen“ – Reinhart sitzt auch im Aufsichtsrat der LBBW – „mit meinem neuen Amt niederlege.“ Die Abberufung sei komplett überflüssig gewesen.
Nach der Rückkehr aus seinem Mallorca-Urlaub habe er die – allerdings schon Anfang August vom Innenministerium versandte – Bitte um eine Verzichtserklärung in der Post gefunden und noch am Montag bearbeitet und abgeschickt. Dass die Ablösung derart eile, habe er nicht geahnt. „Eine E-Mail oder ein Anruf hätte mich auch in der Urlaubs- und Ferienzeit jederzeit erreicht.“
„Unterirdisches Niveau bei der CDU“
Unklar ist, warum Strobl die Neubesetzung plötzlich derart eilte. Verzögerungen sind bei der Besetzung solcher Posten nämlich durchaus üblich. So hatte Reinhart nach der Landtagswahl 2016 und dem damaligen Wechsel der CDU in die Regierung mehr als zweieinhalb Jahre warten müssen, ehe er den Verwaltungsratsposten vom abgewählten ehemaligen SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel hatte übernehmen können. Auch im Ministerium von Nicole Razavi war man offenbar von Strobls Eile überrascht. Man habe relativ spät von der Personalie erfahren, räumte ein Sprecher ein. Allerdings sei Razavis Mitgliedschaft in dem Gremium sinnvoll. „Die L-Bank unterstützt viele Förderprogramme unseres Hauses.“
Ging es bei dem ganzen Vorgang darum, Reinhart öffentlich bloß zu stellen? Das ist zumindest die Deutung der Opposition. Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Sascha Binder, sprach von einem „bemerkenswerten Umgang“ – offenbar bewusst an die Presse durchgestochen. Hier zeige sich, „wie tief der Riss in der Union ist und wie wenig Herr Strobl von Herrn Reinhart hält.“ Das Niveau sei unterirdisch. Auch der FDP-Fraktionschef Ulrich Rülke kritisierte, er hätte sich eine andere Lösung erhofft. „So sollte man mit einem Landtagsvizepräsidenten nicht umgehen.“ Eine kleine Retourkutsche gegen Strobl konnte sich indes auch Reinhart nicht verkneifen: „Ich wünsche dem Herrn Innenminister auch bei allen anderen wichtigen Themen des Landes die nötige Emsigkeit.“