Tausende demonstrieren am Frankfurter Flughafen, 40.000 Unterschriften gegen Fluglärm setzen die CDU unter Druck.

Frankfurt - Vorweihnachtliche Stille sucht man fünf Tage vor Heiligabend vergeblich im Terminal 1 des Frankfurter Flughafens: Rasseln, Trommeln und immer wieder Rufe von mehr als 3000 Demonstranten bestimmen zwei Stunden das abendliche Geschehen in der riesigen Abfertigungshalle, in der überwiegend die Passagiere der Lufthansa einchecken.

 

Mit Krach machen die Menschen auf den verstärkten Lärm aufmerksam, unter dem sie seit der Eröffnung der Nordwestlandebahn am 21. Oktober leiden. Die gelben Schilder mit den Ortsnamen, die sie in die Höhe halten, zeigen, dass kaum eine Kommune im näheren Umfeld des Flughafens nicht dabei ist - ob Offenbach, Hofheim, Flörsheim, Mainz oder auch viele Frankfurter Stadtteile. Die gesamte Rhein-Main-Region scheint sich versammelt zu haben.

Es ist in diesem Jahr die sechste und letzte Montagsdemo am Flughafen. Am 16. Januar will man sich wieder treffen. Aus gutem Grund: denn während 2010 insgesamt 53 Millionen Menschen in Frankfurt abgefertigt und 464.000 Flugbewegungen registriert wurden, sollen 2020 bereits mehr als 80 Millionen Passagiere durchgeschleust werden und 700.000 Flugzeuge starten und landen.

Lärmschutzmaßnahmen werden ergriffen - die Landebahn bleibt

Der Fluglärm nimmt also weiter massiv zu. Dagegen machen die Betroffenen Front - im Interesse ihrer Gesundheit und ihrer Lebensqualität, aber auch wegen ihres Besitztums, das rapide anWert verliert. Ein Transparent kündigte bereits an, womit die Verantwortlichen derFraport AG und der Lufthansa auch in Zukunft zu rechnen haben: "Der Leidensdruck ist groß. Ihr werdet uns nicht los!" Die Demonstranten wollen sich nicht mit dem Hinweis abspeisen lassen, dass der Flughafen Jobmotor und größte Arbeitsstätte Deutschlands ist. Eine Petition gegen den Fluglärm fand bereits 40.000 Unterstützer im Rhein-Main-Gebiet - vornehmlich über das Internet.

CDU und FDP haben unter dem Druck der Protestaktionen bereits reagiert. Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) hatte den Wirtschaftsminister sowie die Chefs der Fraport AG, der Lufthansa, der Deutschen Flugsicherung und des Verbandes der Luftverkehrsunternehmen zum "Lärmgipfel" geladen. Und zur selben Zeit, als sich der Protestzug im Terminal 1 formierte, trat der Regierungschef in Wiesbaden vor die Presse, um ein Konzept zur Fluglärmminderung vorzustellen.

Er sei zuversichtlich, dass in einer konzertierten Aktion der für den Flugbetrieb Verantwortlichen "spürbare Verbesserungen" erreicht werden könnten, sagte er. Das Paket für aktiven Lärmschutz werde leisere Maschinen, veränderte An- und Abflugverfahren sowie geänderte Flughöhen enthalten. Bouffier will auch den passiven Lärmschutz (Schallschutzfenster, Dämmung der Dächer etc.) ausweiten. Doch zugleich warnte er vor zu großen Erwartungen. Die neue Landebahn werde nicht geschlossen.

Versprochene Nachtruhe wurde nicht gewährt

Für SPD und Grüne war der Lärmgipfel nur ein "Gipfel der Heuchelei". Sie verlangen von der Landesregierung, die Revision gegen das vom Verwaltungsgerichtshof erlassene strikte Nachtflugverbot zurückzunehmen. "Absolute Nachtruhe zwischen 22 und sechs Uhr" steht auf den Transparenten der Demonstranten. Zumindest ein Nachtflugverbot zwischen 23 und fünf Uhr war vor zehn Jahren fester Bestandteil eines Mediationsergebnisses. Auch Bouffiers Vorgänger Roland Koch (CDU) versprach vor der Genehmigung, dass es nachts keine Starts und Landungen geben werde - bis sich dann 17 Flugbewegungen im Planfeststellungsbeschluss fanden. Seitdem fühlen sich die Menschen betrogen.

An den Protesten beteiligen sich auch viele aus dem Frankfurter Stadtteil Sachsenhausen mit seinen 47.000 Bewohnern, wo das Nobelviertel Lerchesberg liegt - mitten in der Einflugschneise. Bei ungünstiger Wetterlage donnern die Airbusse und Boeings im Minutentakt über die Villen hinweg. Schon ist vom "Aufstand der Millionäre" die Rede. Die Sachsenhäuser garantierten bisher mit die Wahlerfolge der CDU in Frankfurt. Jetzt wenden sie sich mehr und mehr ab und könnten einen Erfolg bei der OB-Wahl im März gefährden, wenn Innenminister Boris Rhein Petra Roth ablösen will. Deshalb wird die CDU unruhig.