Ein CDU-Politiker fordert einen Ordnungsdienst - zusätzlich zur Polizei. Die Freiburger Stadtverwaltung winkt ab.

Baden-Württemberg: Heinz Siebold (sie)

Freiburg - Es wird Frühling, und die Ruhe ist dahin. Vor allem dort, wo Nachtschwärmer und Unruhestifter sich konzentrieren. In den Innenstädten geht es auf den "angesagten" Plätzen wieder rund, also da, wo Menschen sich unter freiem Himmel lautstark artikulieren, meist unter Alkoholeinfluss. Und dabei kommt es oft zu Gewalt, auch in der idyllischen Altstadt in Freiburg: In der Nacht zum Mittwoch brannten Mülltonnen, es wurden Blumenkübel umgestürzt, später brannten an anderer Stelle Müllsäcke.

 

Bereits am Ostermontag um halb fünf hatten Betrunkene auf ein Auto eingedroschen, sie wurden von der Polizei festgenommen und leisteten dabei heftigen Widerstand. Versinkt die Freiburger Innenstadt im Sumpf? Ja, sagt der CDU-Gemeinderat Daniel Sander, die Stadt müsse jetzt endlich "entschieden den Verwahrlosungstendenzen entgegentreten" und einen kommunalen Ordnungsdienst einführen.

"Es hat sich gezeigt, dass nur mit zusätzlichem Personal Ruhe und Ordnung in Freiburg insbesondere in der Innenstadt wiederherzustellen sind", behauptete der Politiker jüngst. Die Ordnungshüter sollen permanent als Streife vor Ort sein und "gezielt Randalierer, Ruhestörer und Verschmutzer abschrecken".

Heidelberger Modell als Vorbild

"Ob das alles auch durchdacht ist und ob das auch die Meinung der ganzen CDU ist", will Sanders Gemeinderatskollege Eckart Friebis von den Grünen vorerst mal dahingestellt lassen. "Fordern kann man alles Mögliche", sagt Friebis, "aber dann muss man auch sagen, wer es bezahlen soll." In Heidelberg etwa, wo sich die Stadt im März 2008 dazu entschieden hat, einen achtköpfigen kommunalen Ordnungsdienst einzurichten, fallen dafür jährlich Personalkosten von rund 400.000 Euro an.

Die Erfahrungen seien aber "sehr gut", sagt eine Rathaussprecherin. Die Streife wirke dank ihrer Präsenz sehr deeskalierend, die Lage in der Innenstadt hätte sich spürbar entspannt. Der nicht bewaffnete, aber speziell ausgebildete Ordnungsdienst mit drei Frauen und fünf Männern ist allerdings nur eine von vielen Maßnahmen, es gibt zudem auch Runde Tische, um über die "Nutzungskonflikte" zwischen Anwohnern und Partygängern zu sprechen.

Das Heidelberger Modell hat bereits im September 2008 Eindruck auf die Freiburger SPD gemacht, denn deren Gemeinderatsfraktion hat es damals nach einer Begehung der innenstädtischen Brennpunkte gemacht, wie jetzt auch CDU-Kollege Daniel Sander: "SPD erwägt kommunalen Ordnungsdienst", lautete die Schlagzeile der örtlichen Presse. Und es sollte geprüft werden, welche Erfahrungen Städte wie Mannheim und Karlsruhe mit dem Ordnungsdienst gemacht hätten. Allerdings ist die Sache irgendwann im Sande verlaufen.

Rathaussprecher: Setzen auf Prävention

Auch jetzt lässt das Freiburger Rathaus den Vorstoß kühl abtropfen. "Weder die Polizei noch die Verwaltung sieht einen Bedarf für einen solchen Ordnungsdienst", erklärte der Sprecher des Freiburger OB. Der für Recht und Ordnung zuständige Erste Bürgermeister Otto Neideck (CDU) hat bereits mehrfach erklärt, dass die Stadt keine Aufgaben übernehme, für die die Polizei zuständig ist.

Auch wenn diese wiederum mehrfach geklagt hat, sie sei an der Grenze der Belastbarkeit angelangt. Also alles nur Frühlingstheater eines Jungpolitikers? "Es gibt Probleme und noch keine Lösung dafür", räumt der Grüne Friebis ein. "Wir setzen auf Prävention", betont der Rathaussprecher Walter Preker. "Wir müssen das Maß halten zwischen den berechtigten Interessen der Anwohner, Recht und Ordnung und der Toleranz." Mit neuen Uniformen löse man diese Probleme aber nicht.

Farbige Säule und Fachleute im Einsatz gegen den Radau

Toleranzsäule Um Besuchern des Augustinerplatzes anzuzeigen, dass Ruhe einkehren soll, hat der Freiburger Gemeinderat im Sommer 2009 eine „Säule der Toleranz“ aufstellen lassen. Der drei Meter hohe Quader aus Stahl und Glas wird von innen beleuchtet und changiert im Laufe des Abends bis 23 Uhr von Grün auf Rot. Der beliebte Innenstadttreffpunkt vor allem jugendlicher Nachtschwärmer ist rundum bewohnt. Ein junges Infoteam bitte zusätzlich um Ruhe.

Prärie Das städtische Sozial- und Jugendamt und der Arbeitskreis Suchthilfe klären mit einem Präventiosprogramm seit 2008 junge Leute in der Innenstadt über die Folgen von Alkoholmissbrauch auf. Suchthilfefachleute und ehrenamtliche Helfer sind dafür zeitweise nachts im „Bermuda-Dreieck“ der Altstadt zwischen Discos und Kneipen „entspannend“ und aufklärend präsent.