Störender Lärm oder schöne Tradition? Der Schwarzwaldort Mönchweiler stimmt über nächtliches Glockengeläut ab. Wie es auch ausgeht - die letzte Stunde könnte in dem Streit noch nicht geschlagen haben.

Mönchweiler - In der Schwarzwald-Gemeinde Mönchweiler ist die Welt noch in Ordnung. Zumindest aus Sicht von Bürgermeister Rudolf Fluck (CDU). Wenn da nur nicht der Streit um den nächtlichen Glockenschlag wäre. Den einen raubt das Gebimmel den Schlaf, die anderen wollen partout nicht darauf verzichten. An diesem Sonntag stimmt der 3000-Einwohner-Ort im Schwarzwald-Baar-Kreis in einem Bürgerentscheid darüber ab. Wie auch immer es ausgeht - für den Rathauschef ist wichtig, dass der Frieden gewahrt bleibt. „Ich habe so eine tolle Gemeinde. Das soll so bleiben.“

 

Vor allem für zwei Familien war der Frieden allerdings schon länger gestört. Die Glocke der nahen evangelischen Antoniuskirche schlägt alle Viertelstunde und dann noch zur vollen Stunde. Bis vor kurzem auch nachts mit an die 80 Dezibel - ein Wert, bei dem bei dauernder Belastung ein erhöhtes Herz-Kreislauf-Risiko nicht ausgeschlossen wird. Zwar gelang es der Gemeinde mit einer anderen Mechanik, den Lärmpegel „in Richtung 60 Dezibel“ zu drücken. Den Familien war das aber nicht genug.

Es folgten Taten: Im vergangenen Sommer sprach sich der Gemeinderat einstimmig dafür aus, dass der Glockenschlag zwischen 22.00 und 5.59 Uhr ausgesetzt wird.

„Jetzt geht’s nochmal rund“

Doch die stillen Nächte behagen nicht jedem, und von „Lärm“ will der Mönchweiler Dennis Mattutat schon gar nicht sprechen. „Es ist ein Geräusch, das dazu gehört.“ Der 37-Jährige sammelte 274 Unterschriften für den Erhalt des Glockenschlags. Genug, um den Bürgerentscheid durchzusetzen und das Thema an die große Glocke zu hängen.

Auch überregionale Medien schauen nun auf den kleinen Ort im Schwarzwald. Der ist ansonsten unauffällig, aber nach Angaben seines Schultes Fluck die „einzige schuldenfreie Gemeinde im Schwarzwald-Baar-Kreis“.

Glockenfan Mattutat mobilisiert derweil die letzten Reserven: „Jetzt geht’s nochmal rund“, schreibt er auf Facebook. „Lasst uns ein Zeichen setzen, dass jeder sehen und hören kann, was für uns Tradition, Kultur und Werte bedeuten.“

Der Bürgermeister akzeptiert beide Meinungen und sagt: „Für mich ist es kein Problem, wenn das Glockengeläut nachts ausgeschaltet bleibt.“ 80 Prozent der Glocken im Landkreis seien dies schon.

Wird Quorum erreicht?

Ob nachts in Mönchweiler geläutet wird, hängt nun zunächst davon ab, ob 20 Prozent der Bürger beim Entscheid mitmachen. Der Rathauschef geht davon aus, dass das Quorum erreicht wird. Davon müssen dann 51 Prozent - die einfache Mehrheit - für nächtliches Glockenläuten stimmen. Wie auch immer es ausgeht - es könnte sein, dass im Glockenstreit am Sonntag noch nicht die letzte Stunde geschlagen hat: Der Bürgermeister schließt nicht aus, dass am Ende Gerichte über das Geläut entscheiden müssen.

Die haben in der Vergangenheit in ähnlichen Fällen unterschiedlich geurteilt: So zwang der Bayerische Verwaltungsgerichtshof 2002 eine evangelische Gemeinde in Aschaffenburg, die Kirchenglocken leiser läuten zu lassen. Das Landgericht Offenburg entschied 2012 wiederum, dass in Rheinau (Ortenaukreis) auch nachts Kirchenglocken läuten dürfen - solange gesetzliche Grenzwerte eingehalten werden. Schließlich kann einen auch anderes Gebimmel wach halten: Kuhglocken zum Beispiel. Die Klage dagegen wies jedoch zunächst das Oberlandesgericht München und Ende vergangenen Jahres der Bundesgerichtshof zurück.