Dass Angela Merkel so eindringlich an dem Migrationspakt festhält, ist richtig. Aber die Kanzlerin hätte den Migrationspakt verteidigen müssen, bevor die Debatte vergiftet war, meint Cidem Akol.

Berlin - Migrationspakt ist ein Wort, das vielen Menschen Angst macht. Seit Wochen wird weltweit über die umstrittene UN-Vereinbarung diskutiert. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat den Pakt am Mittwoch ungewohnt leidenschaftlich verteidigt. Doch weil die Bundesregierung es versäumt hat, die Öffentlichkeit früher darüber zu informieren, haben Verschwörungstheoretiker und Hetzer das Thema gekapert. Dabei eignet sich die hochsensible Sache nicht für Polemik.

 

Die Gefahr einer neuen Völkerwanderung ist real: Der Nahe und der Mittlere Osten sind unruhig, Migranten aus Afrika ziehen ungebrochen Richtung Europa. Das rechtlich unverbindliche Papier soll helfen, das Risiko für die Flüchtenden einzudämmen ohne die Bedürfnisse der Aufnahmeländer zu vernachlässigen. Wer daraus eine Weltverschwörung bastelt und von einer Entmündigung Deutschlands spricht, ist bösartig.

Ein längst überfälliges Vertragswerk

Der Migrationspakt ist kein Freifahrtschein für Wirtschaftsflüchtlinge, im Gegenteil: Er will steuern, was derzeit oft ungesteuert auch unsere Sozialsysteme belastet. Er will zusammenarbeiten, wo immer mehr Staaten die Grenzen schließen. Weil aber all diese Fakten von der Bundesregierung nicht nach außen getragen wurden, konnte der Begriff Migrationspakt mit Angst aufgeladen werden. Merkels energischer Auftritt kam leider zu spät.