Die EU versucht in Mazedonien zwischen Regierung und Opposition zu vermitteln. Doch mit überraschenden Volten kocht der Regierungschef sein eigenes Süppchen.

Korrespondenten: Thomas Roser (tro)

Skopje Erst - flogen Eier, dann die Steine. „Mafia!“, „Ohne Recht kein Frieden!“ skandierten einige tausend Menschen in Mazedoniens Hauptstadt Skopje, während sich jugendliche Demonstranten in der Nacht zum Donnerstag erneut heftige Scharmützel mit der Polizei lieferten. Nicht nur die Scheiben des Amtssitzes von Staatschef Gjorge Ivanov gingen zu Bruch. Auch die Vermittlungsbemühungen der EU zwischen Regierung und Opposition scheinen gescheitert. Die Parteien müssten zurück an den Verhandlungstisch, sagte EU-Nachbarschaftskommissar Johannes Hahn.

 

Der Präsident überrascht mit seinem Alleingang

Doch ein fragwürdiger Amnestie-Beschluss lässt den Balkan-Staat immer tiefer in die Krise schlittern.   Völlig überraschend hatte Präsident Ivanov in dieser Woche 56 Politiker und Geschäftsleute der ihm nahe stehenden Regierungspartei von allen strafrechtlichen Nachstellungen amnestiert. Erst im Herbst war eine Sonderstaatsanwaltschaft zur Verfolgung von Regierungskriminalität eingesetzt worden. Angeführt wurde die Begnadigungs-Liste der in einen Korruptions- und Abhörskandal verwickelten Politiker vom langjährigen Premier und Parteichef Nikola Gruevski, der früheren Innenministerin Gordana Jankulovska und Ex-Geheimdienstchef Sasa Mijalkov. Gemeinsam mit anderen führenden Würdenträgern der Partei und Justiz-Beamten stehen sie im Verdacht des Amtsmissbrauchs, systematischen Wahlbetrugs, der Korruption und des illegalen Abhören von mehr als 20 000 Mitbürgern.

  Mit der umstrittenen Amnestie hat der Präsident nun auch noch den letzten Schlüsselpunkt des Abkommens von Sommer ausgehebelt: Die erst im Herbst auf Druck der EU berufene Sonderstaatsanwaltschaft kann nun nicht mehr gegen die mutmaßlichen Straftäter in den Reihen der Regierungspartei ermitteln. Er habe die Amnestie „zum Wohl des Landes und zum Schutz vor ausländischen Interessen“ erlassen, so Ivanov. Die Vermittlerrolle der EU in Skopje scheint am Ende.