Die nicht ausgewiesene hohe Beteiligung des Managements am Unternehmen verursacht Ärger, die Bafin wird jetzt eingeschaltet.

Stuttgart - Eine Woche nach den im StZ-Interview geäußerten Vorwürfen des WMF-Großaktionärs Andreas Weißenbacher, der Vorstand habe vom Engagement des Schweizer Finanzinvestors Capvis persönlich stark profitiert, kritisieren weitere Aktionäre das Management in Geislingen. Ein WMF-Aktionär hat bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) und der Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung eine Sonderprüfung beantragt, „weil die gesetzlichen Meldepflichten und die jährlichen Erklärungen zum deutschen Corporate Governance Kodex möglicherweise seit Jahren bewusst falsch abgegeben worden sind“. Was sind die Hauptvorwürfe gegen den WMF-Vorstand? Andreas Weißenbacher (er hält 37 Prozent der WMF-Stammaktien) wirft dem Vorstand vor, dafür gesorgt zu haben, dass Capvis vor sechs Jahren die WMF-Mehrheit übernehmen konnte. Der WMF-Vorstand sei von den damaligen Verkäufern (Deutsche Bank, Württembergische Leben und Münchener Rück) in die Lage versetzt worden, sich für einen Käufer zu entscheiden. Weißenbacher behauptet, für das damals offerierte Aktienpaket pro Aktie 70 Cent mehr als Capvis geboten zu haben. Weil Capvis das Management mit umgerechnet etwa zehn Prozent der Stammaktien versorgt habe, sei der Vorstand für die Capvis-Offerte eingetreten. Als Capvis Anfang des Monats seinen 52-Prozent-Anteil mit Aufschlag an den US-Finanzinvestor KKR weiterverkauft hat, habe auch der Vorstand Kasse gemacht. Innerhalb von nur sechs Jahren seien die WMF-Vorstände auf diese Weise an einen Verkaufserlös von rund 40 Millionen Euro gekommen. Wie wurde die Beteiligung des Managements veröffentlicht? Im Jahresabschluss 2011 wurde die Beteiligung nicht veröffentlicht. Dort heißt es: „Nach Ziffer 6.6 des Deutschen Governance Kodex soll der Besitz von Aktien der Gesellschaft oder sich darauf beziehender Finanzinstrumente von Vorstand- und Aufsichtsratsmitgliedern angegeben werden, wenn er direkt oder indirekt größer als ein Prozent der von der Gesellschaft ausgegebenen Aktien ist. Der Gesamtbesitz aller Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder übersteigt nicht ein Prozent der von der Gesellschaft ausgegebenen Aktien.“ Capvis und WMF-Pressestelle sagen unisono, diese Angabe sei richtig, obwohl Capvis auf Nachfrage in der vergangenen Woche eingeräumt hat, dass der WMF-Vorstand mit unter (im Sinne von knapp) 20 Prozent an verschiedenen von Capvis zwischengeschalteten WMF-Eigentümergesellschaften beteiligt worden sei.

 

Was sagt der WMF-Vorstand zu den Vorwürfen gegen ihn? Der WMF-Vorstand ist für die Stuttgarter Zeitung momentan nicht zu sprechen. Auch gibt es von ihm keine offizielle Erklärung zu den Vorwürfen des österreichischen Großaktionärs, er habe sich aus Eigeninteresse für einen Capvis-Einstieg entschieden. In Sachen versteckter Beteiligung sagte Vorstandschef Thorsten Klapproth in der vergangenen Woche der „FAZ“, er habe die Beteiligung auf der Hauptversammlung 2007 freiwillig detailliert preisgegeben. Der „Geislinger Zeitung“ sagte Klapproth, die Beteiligung des Managements stehe für jedermann sichtbar im Übernahmeangebot von Capvis.

Das Protokoll liefert keine Belege

Sind diese beiden Aussagen belegbar? Durch das Protokoll der WMF-Hauptversammlung (HV) 2007 lassen sich die Aussagen Klapproths nicht bestätigen. Weil es zu dieser Frage keinen Beschluss gab, wird das Thema offenbar im HV-Protokoll nicht erwähnt. HV-Teilnehmer wie Frank Fischer, Vorstandsmitglied des institutionellen WMF-Anlegers Shareholder Value Management AG, erinnert sich, dass Klapproth, jedoch erst nach mehrfachen drängenden Nachfragen verschiedener Aktionäre, eine indirekte Beteiligung des Vorstands von unter 20 Prozent an der Eigentümergesellschaft von Capvis eingestanden habe. Nicht belegbar ist die Aussage, die Beteiligung des Managements stehe für jedermann sichtbar im Übernahmeangebot von Capvis. In diesem Schriftstück von 2006 ist nur zu lesen, dass „der Bieter dem Vorstand generell in Aussicht gestellt hat, sich indirekt an der Transaktion beteiligen zu können, wobei noch kein konkretes Angebot vorliegt. Bislang bestehen keine Vereinbarungen“, heißt es dort. Insgesamt gibt es also keine offiziellen Dokumente, die es jedem Aktionär ermöglichten, sich über den Sachverhalt kundig zu machen.

Wie reagiert der WMF-Aufsichtsrat? Der WMF-Aufsichtsratschef Stefan Feuerstein bekundet auf StZ-Anfrage, die Anschuldigungen Weißenbachers nicht nachvollziehen zu können und will ihnen offenbar auch nicht nachgehen. „Die Anschuldigungen sind unserer Einschätzung nach unbegründet“, schreibt Feuerstein pauschal zu den Vorwürfen, die den WMF-Vorstand unter anderem auch in die Nähe der Käuflichkeit rücken. Und weiter: Die persönliche Beteiligung der Vorstände sei seit der Hauptversammlung 2007 öffentlich bekannt und „in jeder Hinsicht rechtskonform“. Weiter schreibt Feuerstein: „Alle Entsprechenserklärungen zum Deutschen Corporate Governance Kodex wurden korrekt und vollumfänglich abgegeben.“ Der für seine kritischen Einwände bekannte Aktionär Matthias Gaebler ist ob der Zurückhaltung des Gremiums erbost. Gaebler behauptet, der WMF-Aufsichtsrat sei durch hohe Vergütungen in seiner Kontrollfunktion kaltgestellt worden. Feuerstein weist in seiner Stellungnahme sogar selbst darauf hin, dass „einzelne Aufsichtsratsmitglieder“ seit 2007 persönlich beteiligt seien. Namen nennt er freilich nicht.

Was sind die Folgen des Streits? Der WMF-Aktionär Gaebler will die Veröffentlichungen und die weit gehende Auslegungen des Corporate Governance Kodex von neutraler Stelle überprüfen lassen. Deshalb hat Gaebler jetzt die Bafin und die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung eingeschaltet, bei der WMF eine anlassbezogene Sonderprüfung durchzuführen. Der WMF-Aktionär stört sich besonders daran, dass ein Capvis-Vertreter der StZ gesagt hatte, es sei von ihrer Seite „x-mal juristisch abgeprüft worden“, dass die Beteiligung des Vorstandes nicht veröffentlichungspflichtig sei. Diese Interpretation hält Gaebler für empörend. Seiner Meinung nach hat die Bafin den Sachverhalt zu prüfen, „damit die Organe der WMF AG auch der gesetzlich vorgesehenen Transparenz in vollem Umfang nachkommen“.

Wie ist die Einschätzung anderer Aktionäre? Frank Fischer hatte dem WMF-Vorstand schon 2007 vorgeworfen, einseitig im Auftrag des Mehrheitseigentümers Capvis agiert zu haben. So wurde das lukrative WMF-Versicherungsgeschäft damals aus seiner Sicht deutlich unter Wert an Capvis veräußert. Auch er fordert von der WMF AG jetzt deutlich mehr Transparenz ein.

Was bekommt der Vorstand von KKR? Inwieweit die Vorstände vom neuen Mehrheitseigner, dem Finanzinvestor KKR, beteiligt werden, ist bisher nicht bekannt. Ob KKR oder der WMF-Vorstand darauf eine Antwort geben werden, bleibt abzuwarten.