Juristen des Innenministers und des Justizministers haben ein Gutachten zur Rechtmäßigkeit einer Landesliste bei der Landtagswahl vorgelegt. Doch Grüne und CDU ziehen höchst unterschiedliche Schlüsse daraus.

Stuttgart - Im Streit um die Reform des Landtagswahlrechts legen Grüne und CDU ein Rechtsgutachten höchst unterschiedlich aus. Die Expertise haben Juristen des Innenministers Thomas Strobl (CDU) und des Justizministers Guido Wolf (CDU) erstellt. Sie haben geprüft, ob die Verfassung es erlaube, bei Beibehaltung des Einstimmenwahlrechts 70 Mandate wie bisher direkt und 50 Parlamentssitze über eine geschlossene Landesliste zu vergeben. Dabei sollten nach einem Vorschlag der Grünen nur Kandidaten auf die Liste kommen, die in den Wahlkreisen als Kandidaten oder Ersatzkandidaten nominiert wurden.

 

Gutachter halten Liste für möglich

Das Gutachten, das unserer Zeitung vorliegt, kommt zu dem Schluss, dass die Einführung einer Landesliste zur Vergabe der 50 Mandate „verfassungsrechtlich möglich erscheint“. Bedenken haben die Juristen aber bei der Beschränkung der Listenbewerber auf die Wahlkreiskandidaten und ihre Ersatzleute. Das erscheine „wegen Eingriffen in die Parteienfreiheit und die Wahlgrundsätze verfassungsrechtlich sehr problematisch“.

Für die CDU ist der Reformvorschlag vom Tisch

Die Folgerungen der Koalitionsparteien Grüne und CDU könnten unterschiedlicher nicht sein. Für Wolfgang Reinhart, den Chef der CDU-Fraktion, besagt die Expertise: „Der Vorschlag der Grünen-Fraktion ist nicht in Einklang zu bringen mit den wesentlichen Vorgaben in unserer Verfassung zum Persönlichkeitswahlrecht, er ist nach dem Gutachten vom Tisch.“ Die CDU-Fraktion hatte sich bereits einmütig für die Beibehaltung des jetzigen Wahlrechts ausgesprochen, obwohl der Koalitionsvertrag mit den Grünen eine Änderung vorsieht. Das Ziel der Reform wäre, durch eine Liste die Gesellschaft besser abzubilden, und mehr Frauen in den Landtag zu bringen.

Grüne sehen sich bestätigt

Die Grünen ihrerseits sehen das Gutachten positiv. Das Innenministerium besage klar, „dass die im Koalitionsvertrag vereinbarte Landesliste von der Landesverfassung gedeckt ist und selbstverständlich eingeführt werden kann“, folgert Fraktionschef Andreas Schwarz. Verfassungsrechtlich problematisch sei, die Liste an die Wahlkreisbewerber zu binden. Mit diesem Vorschlag hätten die Grünen nur der CDU entgegenkommen wollen, die in der Diskussion stets die regionale Verankerung der Abgeordneten als Pluspunkt ins Feld geführt haben. „Wir sind jetzt gespannt auf den Vorschlag der CDU, denn grundsätzlich kann ein Listenwahlrecht eingeführt werden“, sagt Schwarz.

Voraussichtlich berät in der kommenden Woche der Koalitionsausschuss erneut über die Frage.