Millionenfach gelesen, millionenfach geschaut: „Die unendliche Geschichte“ ist ein Klassiker - im Buch und im Film. Jetzt wird sie zum Fall für die Justiz.

München - Es ist eines der ganz großen Werke der deutschen Kinder- und Jugendliteratur. Millionenfach wurde Michael Endes „Die unendliche Geschichte“, die in diesem Jahr 40 wird, nach Verlagsangaben verkauft. Doch wem gehört sie? Genauer: Wem gehören die Merchandisingrechte? Um diese Frage dreht sich am Donnerstag ein Prozess am Oberlandesgericht München. Endes Nachlassverwalter streitet mit dem Sohn eines Rechtsanwalts, der sich einst die Verfilmungsrechte vertraglich gesichert hatte und als Co-Produzent an dem 1984 erschienenen Erfolgsfilm beteiligt war.

 

1979 kam Endes großer Jugendroman über die Abenteuer des Bastian Balthasar Bux auf den Markt, der mit einem Buch vor der Realität flieht, in der er von Klassenkameraden gehänselt wird. Er lässt sich hineinziehen in eine fantastische Welt, in der der junge Held Atréju versucht, das Märchenreich Phantásien und dessen Kaiserin zu retten. Dabei begegnen Bastian Glücksdrachen, Steinbeißer und viele andere Fabelwesen.

Kitsch und Kommerz

Fünf Jahre nach dem Buch folgte der Film von Regisseur Wolfgang Petersen und Produzent Bernd Eichinger. Daraus, dass er mit dieser Adaption seiner Geschichte nicht einverstanden war, machte Ende (1929 - 1995) keinen Hehl. Er nannte den Kinofilm öffentlich ein „gigantisches Melodram aus Kitsch, Kommerz, Plüsch und Plastik“. Fuchur, der weiße Glücksdrache, ist trotzdem noch heute eine der bekanntesten und beliebtesten Requisiten in der 100 Jahre alten Bavaria Filmstadt vor den Toren Münchens, wo der Abenteuerfilm einst gedreht wurde.

Hintergrund des Streits vor dem Oberlandesgericht sind nach Gerichtsangaben unterschiedliche Verträge über die Merchandisingrechte - der älteste davon ein „Verfilmungsvertrag“ aus dem Jahr 1980. Damit wurden dem Vater des heutigen Klägers die Verfilmungs- und Merchandisingrechte übertragen.

Dringend Geld gebraucht

Seit 2005 liegen die Filmrechte, die nach einer gewissen Zeit automatisch an den Autor oder seinen Verlag zurückfallen, wieder bei den Erben Michael Endes. Nach Ansicht des Klägers und dessen Vaters betrifft das aber nicht die Merchandising-Rechte an der „unendlichen Geschichte“, weil die damals unbefristet zugesichert worden seien. Ende, so schildert es die Klägerseite nach Gerichtsangaben, habe dringend Geld gebraucht und die Rechte darum so umfassend veräußert.

Die Gegenseite sieht das völlig anders. „Es ging immer nur um das Recht der Auswertung der Filmproduktion“, betont der Hamburger Medienanwalt Ralph Oliver Graef von der Kanzlei Graef Rechtsanwälte, der zum ersten Mal vor rund zehn Jahren wegen eines geplanten Musicals in Hamburg mit der „unendlichen Geschichte“ zu tun hatte. „Es wurden keine Merchandising-Rechte am Buch eingeräumt. Bei Filmproduktionen werden Auswertungsrechte immer nur an der konkret hergestellten Produktion eingeräumt“

Ein Ende der Geschichte

Dafür zitiert er aus dem Vertrag von 1980: Darin heiße es: „Die mit dem produzierten Film entstehenden Rechte dürfen nur mit Zustimmung des Verlages zum Vertrieb von Spielfiguren, T-Shirts“ etc. genutzt werden.

Das Landgericht München I hatte im Mai vergangenen Jahres zugunsten von Endes Nachlassverwalter entschieden und die Klage als unbegründet abgewiesen. Es entschied, dass weder dem Kläger noch seinem Vater die Rechte an dem Werk - insbesondere Merchandisingrechte an zukünftig zu erstellenden Filmproduktionen oder an dem literarischen Werk selbst - zustehen (Aktenzeichen des LG-Verfahrens: Az: 37 O 13142/17). Es sei, so sah es die erste Instanz, um Rechte bezüglich des konkreten Spielfilmprojekts gegangen. Anwalt Graef sagt: „Die unendliche Geschichte bezüglich der Merchandisingrechte wird jetzt zu einem Ende kommen - einem Ende im Sinne Michael Endes.“