Streit um Diesel-Fahrverbote in Stuttgart Deutsche Umwelthilfe wirft Land vor, falsch zu rechnen

Stuttgart hat die höchste Stickoxid-Belastung – das zeigt eine Auswertung des Umweltamtes. Die Deutsche Umwelthilfe warnt das Land derweil davor, das kommende Euro-5-Dieselfahrverbot in Stuttgart nicht zu verwässern.
Stuttgart - Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) warnt die Landesregierung davor, das kommende Euro-5-Dieselfahrverbot in Stuttgart verwässern zu wollen. Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) hatte am Wochenende Aussagen von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) wiederholt, wonach es kein weiteres flächendeckendes, sondern allenfalls streckenbezogene oder kleinräumige Fahrverbote in Stuttgart geben werde. Als Begründung wurde auf eine Berechnung zu einer sinkenden Stickstoffdioxidbelastung verwiesen.
Laut Umweltbundesamt führte Stuttgart 2018 mit 71 Mikrogramm Stickstoffdioxid (2017: 71) pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel die Städteliste mit Grenzwertüberschreitungen bundesweit an. In Backnang wurden 49 (53), in Sindelfingen 45 Mikrogramm (2017 kein Wert) gemessen. Der Grenzwert liegt bei 40.
Land lässt sich Zeit
Die DUH betreibt seit Ende 2018 die Zwangsvollstreckung gegen das Land. Sie will erreichen, dass die grün-schwarze Koalition das Grundsatzurteil des Bundesverwaltungsgerichts von Februar 2018 umsetzt. Darin sind Fahrverbote für Euro-5-Diesel von September 2019 an vorgesehen. Die Regierung nahm aber nur das Euro-4-Dieselverbot in den Luftreinhalteplan auf. Es gilt seit 1. Januar, für Stuttgarter seit dem 1. April 2019.
„Das Grundsatzurteil hat seit bald anderthalb Jahren Rechtskraft, aber die Landesregierung setzt es trotz der Beteuerungen von Ministerpräsident Kretschmann, dass man sich an Urteile halte, nicht um“, so DUH-Anwalt Remo Klinger am Montag gegenüber unserer Zeitung. Das Verkehrsministerium habe am 22. Mai Kartenmaterial vorgelegt, das zeige, dass unterhalb einer Belastung von 50 Mikrogramm keine Verbote vorgesehen seien.
Hilfe des Bundes nicht rechtmäßig
Die Bundesregierung hatte die 50 Mikrogramm als neuen Verhältnismäßigkeitswert eingeführt, um Kommunen Spielraum zu geben. Der Verwaltungsgerichtshof des Landes hatte diesen Wert aber als „klaren Verstoß gegen die unionsrechtliche Ergebnisverpflichtung“ gesehen, Grenzwertüberschreitungen möglichst kurz zu halten. Die Neuregelung dürfe daher „weder von Gerichten noch von Behörden beachtet werden“. Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat das Land verpflichtet, das erweiterte Fahrverbot bis 1. Juli in den Luftreinhalteplan aufzunehmen. „Wir werden beim nächsten Mal ein deutlich höheres Zwangsgeld oder Zwangshaft beantragen“, so Klinger. Bisher lag das Zwangsgeld bei 10 000 Euro.
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