Meist sind es unterschiedliche Auffassungen über Vorfahrt, Tempo oder das Recht auf einen Parkplatz, die zu handfesten Auseinandersetzungen unter Autofahrern führen. Manchmal geht es aber auch um das, was man auf sein „Heilix Blechle“ klebt.

Lokales: Wolf-Dieter Obst (wdo)

Stuttgart - Keine Frage: Der Streit um das Referendum des Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan hält die Emotionen unter den türkischen Landsleuten hoch – und manchmal kochen sich auch im Stuttgarter Straßenverkehr über. So wurde die Polizei am späten Dienstagabend zu einer ungewöhnlichen Auseinandersetzung auf der Kreuzung der Prag- und Löwentorstraße in Bad Cannstatt gerufen. Dort waren ein 48 Jahre alter Ford-Fiesta-Fahrer und vier Insassen eines Opel Astra im Alter von 22, 25, 25 und 26 Jahren aneinandergeraten. Dabei ging es weder um eine Vorfahrtsverletzung noch um einen Streit um einen Parkplatz.

 

Nach bisherigen Erkenntnissen der Polizei war der 48-jährige Ford-Fahrer gegen 22.15 Uhr in der Pragstraße talwärts unterwegs, als er von vier Insassen aus dem Opel heraus beleidigt wurde. Grund war offenbar ein Aufkleber mit politischem Inhalt auf seinem Auto. Darauf wurde ein „Hayir“, also ein „Nein“ zur Änderung der türkischen Verfassung gefordert. Bei den Opel-Insassen handelte es sich offenbar um Anhänger Erdogans, die völlig gegenteiliger Meinung waren und diese entsprechend deutlich machten.

Die Polizei sucht noch Zeugen

Der 48-Jährige wollte dies nicht auf sich beruhen lassen. Als beide Autos an der Kreuzung zur Löwentorstraße an einer roten Ampel warten mussten, stieg der Mann aus und stellte die vier Männer zur Rede. Dass die in der Überzahl waren, schien für ihn keine Rolle zu spielen. So kam es auf der Straße zu einer Auseinandersetzung, bei der der 48-Jährige leicht verletzt wurde. Die Insassen des Opel fuhren weiter. Allerdings wurden sie bei einer Fahndungsaktion der Polizei auf der Bundesstraße 14 gestoppt und vorläufig festgenommen. So unterschiedlich die politische Meinung, so unterschiedlich sind nun auch die Aussagen. Die Polizei sucht über Telefon 07 11 / 89 90 - 57 78 noch Zeugen.

In Stuttgart können die türkischen Landsleute noch bis 9. April über das Referendum abstimmen. Viele haben ihre Stimmen bereits im Wahllokal an der Lorenzstraße in Zuffenhausenabgegeben. Zur Halbzeit sollen es mehr als ein Viertel aller Wahlberechtigten gewesen sein. Das türkische Generalkonsulat in Stuttgart hat 144 000 Wahlberechtigte registriert.

Was türkischstämmige Menschen in Stuttgart über Erdogan und die geplante Verfassungsänderung denken, sehen Sie im Video: