Streit um Grundrente Hubertus Heil setzt sich über Einspruch des Kanzleramts hinweg

In der Bundesregierung gibt es Streit über das Vorgehen bei der Grundrente. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) leitete trotz eines Einspruchs des Kanzleramts die Ressortabstimmung für den Gesetzentwurf ein.
Berlin - Zwischen Kanzleramt und Bundesarbeitsministerium gibt es Streit über das Vorgehen bei der Grundrente. „Der Gesetzentwurf ist nicht zur Ressortabstimmung freigegeben worden“, sagte Vizeregierungssprecherin Martina Fietz am Freitag in Berlin. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) setzte sich aber über den Einspruch des Kanzleramts hinweg und verschickte die Vorlage dennoch an die anderen Ministerien.
„Das BMAS leitet heute die Ressortabstimmung zur Grundrente ein“, teilte Heils Sprecherin Franziska Haas dazu mit. Sie räumte ein, dass es dazu „angesichts der Tragweite dieser Sozialreform Gesprächsbedarf innerhalb der Koalition geben wird“. Wichtig sei aber, dass gleichwohl die Grundrente wie angekündigt zum Jahresbeginn 2021 eingeführt werde. „Es geht um drei Millionen Menschen, deren Lebensleistung wir anerkennen wollen“, hob Haas hervor.
SPD-Plan zur Grundrente geht über Koalitionsvereinbarungen hinaus
Probleme mit dem Einspruch des Kanzleramts von Regierungschefin Angela Merkel (CDU) sieht das Arbeitsressort dabei nicht. „Die Ressortabstimmung wird durch das jeweils federführende Ressort eingeleitet“, verwies eine andere Sprecherin auf die Gemeinsame Geschäftsordnung der Bundesministerien. Wie üblich sei der Gesetzentwurf zunächst an das Kanzleramt geschickt worden, „jetzt warten wir auf die schriftliche Rückmeldung“.
Fietz begründete die ablehnende Haltung des Kanzleramts mit weiterem Gesprächsbedarf. „Der Gesetzentwurf geht sowohl inhaltlich wie finanziell weit über das im Koalitionsvertrag Vereinbarte hinaus“, sagte die Vize-Regierungssprecherin. „An den Koalitionsvertrag müssen sich alle halten“, fügte sie hinzu. Fietz stellte aber auch klar: „Die Grundrente bleibt ein wichtiges Thema für die Bundesregierung.“
„Unser Konzept für die Grundrente ist solide finanziert“, sagte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD). „Wir können die Grundrente finanzieren, ohne dass die Rentenkasse beeinträchtigt wird“, wies er in der „Passauer Neuen Presse“ vom Freitag Vorwürfe eines „Griffs in die Sozialkassen“ als „schlicht falsch“ zurück. Vielmehr habe die SPD ein „gut durchdachtes Konzept“ vorgelegt. In diesem Sinne äußerte sich auch das Arbeitsministerium.
Verdi kritisiert das Stocken
Die Grundrente mit höheren Altersbezügen für langjährig Versicherte ist zwar zwischen Union und SPD im Koalitionsvertrag vereinbart. Dort wird als Voraussetzung jedoch eine Bedürftigkeitsprüfung verlangt, was die SPD ablehnt. Heil und Scholz wollen die neue Leistung für alle Geringverdiener, die mindestens 35 Beitragsjahre vorweisen können.
Finanzieren will die SPD die Grundrente unter anderem aus der bislang noch nicht eingeführten Finanztransaktionsteuer auf Börsengeschäfte sowie aus einer Rücknahme von Mehrwertsteuerrabatten für Hotelübernachtungen. Zudem sollen bei der Rentenversicherung Mittel dadurch frei werden, dass die Beiträge von Rentnern verringert werden. Dabei gehe es um den Anteil zur Finanzierung von Krankengeld, das die Ruheständler ohnehin nicht erhalten.
Zur Finanztransaktionsteuer sagte Scholz: „Ich habe jetzt dafür gesorgt, dass wir uns noch in diesem Jahr in Brüssel auf eine gemeinsame Lösung verständigen werden.“ Wenn die Steuer ab 2021 erhoben werde, stünden die Einnahmen dem Bundeshaushalt zur Verfügung.
Der Vorsitzende der Gewerkschaft Verdi, Frank Bsirske, kritisierte das Stocken der Regierungsberatungen über die Grundrente. Wer nichts gegen Altersarmut tue, müsse sich vorwerfen lassen, „die Menschen, die dringend Unterstützung brauchen, allein zu lassen“, erklärte er in Berlin.
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