Stuttgarts Prälatin Gabriele Arnold und Stadtdekan Sören Schwesig fordern eine kirchliche Amtshandlung bei homosexuellen Paaren. Unterstützt wird dieses Begehren fast von der gesamten Prälatur Stuttgart. Doch zwei scheren aus.

Stuttgart - Die Landessynode hat zwar gesprochen und entschieden, aber der Streit um die öffentliche Segnung homosexueller Paare ist damit längst nicht beendet. Dass es an der Basis rumoren wird, war klar. Aber nun passiert innerhalb der evangelischen Kirche ein wohl beispielloser Vorgang. Die so genannte mittlere Führungsebene erhebt sich. Soll heißen: Eine Mehrheit der Dekane fordert eine kirchliche Amtshandlung von gleichgeschlechtlichen Paaren.

 

Sprengel Ulm gab die Initialzündung

Den Anfang hatte der Sprengel Ulm gemacht. Nun sind auch die Prälatur Stuttgart sowie die Prälaturen Heilbronn und Reutlingen gefolgt. Noch vor Weihnachten hat Stadtdekan Søren Schwesig den zu Ulm gleichlautenden Entwurf an die Synodalpräsidentin Inge Schneider und Landesbischof Frank Otfried July geschickt. Dabei drückte Schwesig auch seine Freude aus, dass bis auf die Dekane von Bernhausen und Marbach alle Kollegen der Prälatur unterschrieben hätten. Diese Freude teilt Stuttgarts Prälatin Gabriele Arnold. Sie selbst wertet dieses Aufbegehren als „kleine Revolution“ in der Landeskirche. So eine geschlossene Front in der mittleren Leitungsebene habe es noch nie gegeben. Im Ulmer und nun auch dem Stuttgarter Entwurf steht unter anderem: „Mit dieser Entscheidung ist die damit verbundene theologische und gesellschaftliche Herausforderung nicht gelöst. Sie muss uns auf allen Ebenen der Landeskirche weiterbeschäftigen.“ Weiter heißt es: „Die Reaktionen Betroffener zeigen, wie tief gleichgeschlechtliche Paare von dieser Entscheidung enttäuscht und verletzt sind.“ Die derzeitige Regelung lasse Gemeinden und Pfarrern keinen Raum für ihre Gewissensentscheidung, gleichgeschlechtliche Paare in einem Gottesdienst zu segnen.

Kein Aufruf zum Rechtsbruch

„Dies ist ein deutliches Signal, etwas zu tun, und eine klare Positionierung der Prälatur Stuttgart“, sagt Gabriele Arnold. Søren Schwesig schreibt dazu in seinem Brief an den Bischof: Die Geschlossenheit der Dekane empfinde er als ermutigendes Signal, das den dringenden Wunsch unterstreicht, „auf Basis des vorgelegten Entwurfes des Oberkirchenrates eine kirchliche Amtshandlung zur Segnung von gleichgeschlechtlichen Paaren zu entwickeln“. Ohne eine neue und öffnende Regelung, so heißt es im Entwurf, „werden wir auf absehbare Zeit mit einer Fülle von schwerwiegenden Gewissenkonflikten in dieser Sache konfrontiert“.

Sowohl Arnold als auch Schwesig betonen jedoch, dass dies kein Aufruf zum Rechtsbruch sei. Sie und ihre Kollegen der mittleren Ebene fühlten sich freilich an die Ordnung der Landeskirche gebunden. Andererseits sagte Schwesig unlängst gegenüber unserer Zeitung, dass man bei etwaigen Verstößen nicht „mit dem eisernen Besen kehren“ solle. An eine schnelle Öffnung in der Homo-Ehen-Frage glauben indes wenige. Vielmehr wird es als Auftakt eines beharrlichen Widerstandes bis zur nächsten Kirchenwahl 2019 gesehen. Dann wollen die liberalen Kräfte innerhalb der Kirche dem konservativen Gesprächskreis „Lebendige Gemeinde“, der eine Öffnung bei der synodalen Abstimmung blockiert hatte, die Mehrheit im Kirchenparlament streitig machen. Wie die Dinge liegen, dürfte das Thema Homo-Segnung ein entscheidendes Wahlkampfthema werden. Gleichzeitig wird angeblich auch juristisch geprüft, ob der Oberkirchenrat eine Regelung ohne die Synode treffen könne. „Die meisten Beteiligten wünschen sich eine gute und schnelle Lösung“, sagt Kirchensprecher Oliver Hoesch, „auch der Bischof führt Gespräche in der Sache. Mal sehen, was dabei herauskommt.“ Ralf Albrecht, Vorsitzender der Lebendigen Gemeinde und Dekan für den Bezirk Nagold, sagt zu dem Begehren vieler seiner Kollegen: „Zunächst gilt es jetzt ein Abstimmungsergebnis zu akzeptieren. Daneben weiter nach Wegen der pastoraltheologischen Begleitung zu suchen.“