Huawei plant eine Fabrik für 5G-Antennen im Elsass. Die Politik steht vor einer Bewährungsprobe, denn die Bürgermeisterin von Straßburg fordert ein Moratorium für den Ausbau des Netzes.

Korrespondenten: Knut Krohn (kkr)

Paris - Huawei will in der Nähe von Straßburg eine neue Fabrik aufbauen. Bis zu 500 neue Arbeitsplätze will das chinesische Unternehmen dort langfristig schaffen. In einer nicht nur wirtschaftlich sehr schwierigen Zeit mit vielen schlechten Nachrichten sollte eine solche Ankündigung Anlass zum Jubeln sein. Nicht so im Elsass. Der Grund: Huawei plant eine Fabrik für 5G-Antennen. Doch diese neue Mobilfunktechnik ist überaus umstritten und in Frankreich herrscht seit Monaten ein regelrechter Glaubenskrieg um den Ausbau des Netzes.

 

Macron verspottet die Kritiker

An der Spitze der Befürworter steht Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Er sieht in dem neuen, sehr schnellen Mobilfunkstandard 5G einen Weg, das Land technisch fit für die Zukunft zu machen. Damit liegt er auf einer Welle mit der Europäischen Kommission, die die Technologie als einen der wichtigsten Bausteine der digitalen Wirtschaft und Gesellschaft im nächsten Jahrzehnt bezeichnet. Die Kritiker verspottete Emmanuel Macron jüngst als „Amisch-Anhänger“ und löste damit einen Aufschrei der Empörung aus. Amisch sind Mitglieder einer Gemeinde in den USA, die sich gegen jeglichen technischen Fortschritt stemmen. Sie besitzen kein Telefon oder Fernsehen und sind auch heute noch mit dem Pferdewagen unterwegs.

Auf der anderen Seite haben sich die Kritiker formiert und führen mögliche Gesundheitsschäden ins Feld. Die von 5G verwendeten Frequenzwellen haben eine kürzere Reichweite als die bisherigen Systeme. Das bedeutet, dass mehr Antennen, näher am Boden, benötigt werden. Ob die neue Technik Auswirkungen auf Mensch oder Tiere haben, ist wissenschaftlich allerdings noch nicht belegt.

Kritiker fordern ein Moratorium

In einem offenen Brief haben sich rund 70 prominenten Politiker und Umweltgruppen für ein Moratorium des Ausbaus ausgesprochen. Sie warnen vor möglichen Schäden und wollen neue Studien abwarten. Kritisiert wird auch die Hast, mit der die Verantwortlichen zu Werke gehen und sich nicht am Wohl des Menschen, sondern ausschließlich an den Grundsätzen des Kapitalismus orientieren würden. Für diese Annahme spricht in ihren Augen, dass in Frankreich in diesen Tagen die Versteigerung der 5G-Frequenzen abgeschlossen wurde. Der Staat hat dadurch rund 2,8 Milliarden Euro eingenommen. Die kommerzielle Nutzung des neuen Netzstandards soll in ersten französischen Städten am Jahresende beginnen.

Zu den Unterzeichnern des offenen Briefes gehören viele Politiker der Partei der französischen Grünen. Die waren bei den jüngsten Kommunalwahlen sehr erfolgreich und stellen inzwischen in einigen wichtigen Städten die Bürgermeister – auch in Straßburg. So kommt es in der elsässischen Metropole zu einer spannungsreichen Situation. Auch Jeanne Barseghian, neue grüne Bürgermeisterin in Straßburg, zählt zu den Unterzeichnerinnen des offenen Briefes, in dem ausdrücklich ein Moratorium des 5G-Ausbaus gefordert wird. Sie fordert eine demokratische Debatte über den Ausbau des neuen Netzes.

Eine neue Huawei-Fabrik im Elsass?

Andere Politiker in der Region heißen das chinesische Unternehmen allerdings mit offenen Armen willkommen. In diesen Tagen fand nach Informationen der Tageszeitung „Le Parisien“ ein Treffen zwischen Vertretern der der Gemeinden der Eurometropole Straßburg und Huawei statt, in dem es um die endgültige Standortsuche gegangen sei. Huawei habe das Elsass dank seiner geografischen Attraktivität im Visier und fünf mögliche Standorte im Auge, erklärt Jean Rottner, konservativer Präsident des Regionalrats von Grand Est.

Thibaud Philipps, ebenfalls konservativer Bürgermeister von Illkirch-Graffenstaden, glaubt nach Angaben von „Le Parisien“, dass seine Gemeinde mit dem Innovationspark inzwischen der Favorit im Rennen um die Fabrik sei. Die Huawei-Manager würden sicherlich die unmittelbare Nähe zu Straßburg bevorzugen, um auch vom Status der Stadt als europäische Hauptstadt zu profitieren, glaubt Thibaud Philipps. Und er betont, dass es bei den momentanen Gesprächen neben der Standortsuche nur darum gehe, etwa die Energieeffizienz und die Architektur des Fabrikgebäudes festzulegen. Huawei werde sicherlich keine gigantischen 5G-Antennen auf dem Dach installieren, versichert der Bürgermeister.