Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) hat zu kurze Öffnungszeiten in Südwest-Kitas beklagt. Das will Kultusministeirn Susanne Eisenmann nicht auf sich sitzen lassen. Sie schreibt einen geharnischten Brief nach Berlin.

Politik/Baden-Württemberg : Bärbel Krauß (luß)

Stuttgart - Baden-Württembergs Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) ist sauer. Ihren Unmut hat die Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) erregt. Bei allem Engagement für die frühkindliche Bildung, die Eisenmann der Kollegin aus dem Familienressort im fernen Berlin zugesteht: Dass die Öffnungszeiten der Kitas im Land „zu wünschen übrig lassen“, wie Giffey im Interview mit unserer Zeitung klagte, will Eisenmann nicht auf sich sitzen lassen.

 

Postwendend hat die Stuttgarter Kultusministerin der „sehr geehrten Frau Bundesministerin Dr. Giffey“ einen Brief geschrieben, der unserer Zeitung vorliegt. Darin haut sie der Sozialdemokratin die Statistiken aus dem Südwesten um die Ohren. Entschieden wolle sie Giffeys Vorwurf entgegentreten, schreibt Eisenmann und beruft sich auf die Kinder- und Jugendhilfestatistik aus dem ersten Quartal 2018.

„Vorwurf kann ich nicht nachvollziehen“

Nur 1,4 Prozent von 325 000 Drei- bis Siebenjährigen sind demnach höchsten 25 Stunden pro Woche in ihrer Kindertagesstätte. Die fast 99-prozentige Mehrheit werde länger betreut. 27 Prozent der Kinder seien sogar länger als 35 Stunden in der Kita. Bei den Kindern unter drei Jahren sind die Betreuungszeiten im Schnitt kürzer. 13,5 Prozent der Knirpse sind maximal 25 Stunden in der Kita; aber fast 38 Prozent sind länger als 35 Stunden dort. „Wenn ein Kind um 12 Uhr oder am frühen Nachmittag abgeholt werden muss, ist keine normale Berufstätigkeit möglich“, hatte Giffey moniert. „Oft bleiben Frauen auch unfreiwillig daheim, weil sie nicht nur für die Kita-Gebühren arbeiten wollen, die zum Teil sehr hoch sind“, fügte sie hinzu. „Dass in Baden-Württemberg – und zwar so pauschal, wie Sie sagen – die ,Öffnungszeiten zu wünschen übrig’ lassen, kann ich nicht nachvollziehen“, kontert Eisenmann. Die Statistiken zeigten, „dass die von Ihnen angesprochenen sehr frühen Schließungszeiten von Kitas ganz offenbar die Ausnahme darstellen.“

Bei der Kinderbetreuung geht es auch um Parteistrategie und Wahlkampf

Auch Giffeys Kritik an den Gebühren im Südwesten weist Eisenmann zurück. Die Elternbeiträge lägen erstens in der Eigenverantwortung der Träger, und zweitens sei den Eltern die Qualität der Betreuung wichtiger als der Preis. Zuständig für die Festlegung der Beiträge sei nicht die Landesregierung. Sie sei froh, dass die Gremien der Träger sich „in der Regel“ an die Empfehlungen der Kirchen und der kommunalen Landesverbände für abgestufte, an der Kinderzahl orientierte Monatsgebühren hielten. „Wie wir aus Befragungen wissen, legen die Eltern mit deutlicher Mehrheit ebenfalls einen größeren Wert auf Qualität statt auf Beitragsfreiheit“, schreibt Eisenmann.

Beim Streit der Ministerinnen geht es nicht um Nebensachen. Seit Oskar Lafontaines SPD-Ministerpräsident im Saarland war, setzen die Sozialdemokraten sich für kostenlose Kinderbetreuung ein. Giffeys aktuelles Kita-Ausbau-Gesetz sieht Beitragsentlastungen bis zur Gebührenfreiheit ausdrücklich vor. Die Südwest-SPD strebt ein Volksbegehren für kostenfreie Kitas an und will die grün-schwarze Landesregierung damit unter Druck bringen. Die Kinderbetreuung und die Gebühren können zu einem Hauptthema im Wahlkampf werden.