Bundeskanzlerin Angela Merkel will aber keinen generellen Stopp der Waffenlieferungen. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten.

Korrespondenten: Knut Krohn (kkr)

Stuttgart - Aufgrund der angespannten deutsch-türkischen Beziehungen stecken nach Angaben von Außenminister Sigmar Gabriel die meisten Waffenexporte in die Türkei in der Warteschleife. „Die großen Anträge, die die Türkei derzeit an uns stellt - und das sind wirklich nicht wenige - haben wir alle „on hold“ gestellt“, sagte der SPD-Politiker in Berlin. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) lehnt aber einen generellen Stopp der Rüstungsexporte in die Türkei ab. Es müsse von Fall zu Fall entschieden werden, erklärte Merkel.

 

Gab es schon Probleme mit der Türkei?

Zwischen 2010 und 2015 habes es insgesamt acht Ablehnungen gegeben. Seit November 2016 jedoch habe es die Bundesregierung bereits in elf Einzelfällen abgelehnt, Genehmigungen zu erteilen. Dies geht aus einer Antwort des Wirtschaftsministeriums auf eine Frage des Linken-Abgeordneten Jan van Aken hervor. Die Bundesregierung verweist auf die brisante Menschenrechtslage in der Türkei. Im Klartext heißt das: Die Bundesregierung macht sich Sorgen, dass mit deutschen Waffen auf türkische Zivilisten und Oppositionelle geschossen wird.

Können Exporte in ein Nato-Land eingeschränkt werden?

Gegenüber einem Nato-Partner ist eine Einschränkung ein ungewöhnliches Vorgehen. In den Grundsätzen der Regierung für den Rüstungsexport heißt es über den Umgang mit Nato-Ländern: Der Export von „Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern“ in diese Länder sei „grundsätzlich nicht zu beschränken, es sei denn, dass aus besonderen politischen Gründen in Einzelfällen eine Beschränkung geboten ist“.

Werden nun alle Exporte gestoppt?

Voraussichtlich dürfte nun das zuständige Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) keine neuen Ausfuhrgenehmigungen mehr erteilen. Bereits entschiedene Projekte dürften zunächst nicht betroffen sein. Denn gegen die Türkei sind bisher keine internationalen Sanktionen verhängt worden. Sollte die Auslieferung bereits geschlossener Geschäfte gestoppt werden, drohten der Bundesregierung deshalb im Falle eines einseitigen Lieferstopps Entschädigungszahlungen an die Firmen.

Ist die Türkei ein wichtiger Abnehmer?

In diesem Jahr wurden bis Ende August 99 Genehmigungen zur Ausfuhr von Rüstungsgütern mit einem Wert von insgesamt 25,36 Millionen Euro erteilt, wie das Wirtschaftsministerium mitteilte. Das tatsächliche Gesamtvolumen könnte allerdings deutlich höher liegen, da die Bundesregierung bei drei weiteren Genehmigungen keine Angaben zu deren Wert macht. Zwischen Januar und August 2016 seien dagegen 158 Genehmigungen für Ausfuhren mit einem Gesamtwert von 69,32 Millionen Euro erteilt worden, hieß es in der Antwort des Ministeriums weiter. Das geht aus einer Antwort des Wirtschaftsministeriums auf eine Anfrage des Grünen-Abgeordneten Özcan Mutlu hervor.

Welche Waffen werden exportiert?

Unter den Rüstungsexport-Posten aus dem laufenden Jahr, deren Wert das Ministerium veröffentlichte, sind die mit Abstand größten zwei Anträge aus der Kategorie „Bomben, Torpedos und Flugkörper“. Sie schlagen mit insgesamt knapp 18 Millionen Euro zu Buche. Dabei handelt es sich nach Angaben der Bundesregierung im Wesentlichen um Raketenabwehrsysteme für Marineschiffe.

Hat die Türkei Alternativen?

Die Türkei beginnt, seine Streitkräfte mit russischen Waffen auszurüsten. Bestätigt wurde die Unterzeichnung eines Kaufvertrages für das Raketenabwehrsystem S-400. Es ist der bisher größte Rüstungsdeal zwischen den beiden Staaten. Obwohl die Beziehungen zwischen Moskau und Ankara nach dem Abschuss eines russischen Kampfjets durch einen türkischen Kampfjet im November 2015 auf einen Tiefpunkt waren, hat sich das Verhältnis erheblich verbessert.