In Corona-Zeiten ist das Chaos nicht nur auf der Anlage am Leonberger Bahnhof besonders groß. Die Kreistagsfraktion drängt daher auf besseren Service.

Leonberg - Nicht nur an diesem Wochenende war rings um den alten Güterbahnhof in Leonberg Stau-Chaos angesagt – zumindest dann, wenn man auf den Wertstoffhof wollte. Deshalb wohl dem. der in diesen Tagen am Wertstoffhof nur vorbeikommt, nicht aber dort etwas loswerden möchte. War bisher vor allem Samstag der Stautag, so reichen die Autoschlangen in den Corona-Wochen selbst an normalen Werktagen bis zum benachbarten Brauhaus Sacher. In den anderen Wertstoffhöfen des Landkreises sieht es nicht viel besser aus- Ähnlich schlimm wie in Leonberg ist auch die Lage in Böblingen und Sindelfingen.

 

In Zeiten, in denen die Wirtschaft nahezu heruntergefahren ist, haben viele Menschen mehr Muße: Keller und Werkstätten werden ausgemistet, entsprechend groß ist der Anfall an Dingen, die man eigentlich schon vor Jahren wegschmeißen wollte. Jetzt ist die Zeit da, alles in Ruhe zum Wertstoffhof zu bringen.

Von wegen „in Ruhe“. Regelmäßig gibt Wortwechsel zwischen Kunden und Personal, Leser berichten von regelrechten Streitereien und – vorsichtig formuliert – nicht angemessenem Verhalten der Wertstoffhof-Mitarbeiter.

Eng und angespannt

Solche Beschwerden sind nicht neu. Doch seit dem es durch Abstandsregeln und Sicherheitsvorkehrungen noch enger geworden ist als ohnehin schon, ist die Lage noch angespannter – gerade im schlauchartigen Leonberger Wertstoffhof längs der Gleise.

Der Landrat als oberster Chef des kreiseigenen Abfallbetriebes hat sich in den vergangenen Wochen immer wieder öffentlich vor seine Mitarbeiter gestellt und die Bevölkerung aufgefordert, doch nicht so viel Sperrmüll vorbeizubringen. Notfalls müsse man mal ein paar alte Kisten oder sonstige Ladenhüter in den Kellern eben dort belassen. Eine Verlängerung der Öffnungszeiten hat Roland Bernhard stets abgelehnt.

Wartezeit unzumutbar

Genau das fordert aber jetzt die CDU-Kreistagsfraktion: „Man kann den Bürgerinnen und Bürgern nicht zumuten, bis zu einer Stunde anzustehen zu müssen, um den Müll zu entsorgen“, erklärt der Fraktionsvorsitzende Helmut Noë. „Deshalb muss man den Menschen auf den Wertstoffhöfen unbedingt mit verlängerten Öffnungszeiten zumindest bis zu den Sommerferien entgegenkommen.“

Der Sindelfinger Kreisrat Walter Arnold kritisiert gezielt die Haltung Roland Bernhards: „Anders als der Landrat, der den Leuten rät nur im Notfall auf den Wertstoffhof zu kommen, sind wir dafür, dass sich die Leute mit Dinge wie dem Ausmisten von Keller oder Garage beschäftigen, um in der momentan für viele unsicheren Zeit auf andere Gedanken zu kommen.“

Chaotische Szenen

Es sind nicht nur die mitunter „chaotischen und gefährlichen Szenen“ sowie die lange Wartezeiten, die Christdemokraten umtreiben: „Wenn die Leute wissen, dass sie auf den Höfen ewig in der Schlange stehen, steigt die Gefahr, dass sich einzelne dazu entschließen, ihren Müll irgendwo illegal zu entsorgen“, befürchtet der Landtagsabgeordnete Paul Nemeth. „Das muss auf alle Fälle verhindert werden.“

Es sei richtig, dass in Corona-Zeiten zum Schutz vor Ansteckung nur wenige Leute gleichzeitig auf das Gelände der Wertstoffhöfe dürften, erklärt Nemeth. „Deshalb muss der Landkreis seine Dienstleistungen auf den Höfen in Form von verlängerten Öffnungszeiten verbessern. Personalkapazitäten dafür müsste es im Moment auf Grund von Kurzarbeit in vielen Branchen geben.“

Eher schlechter

Der Fraktionsvorsitzende Noë hält es zudem für vorstellbar, dass womöglich Mitarbeiter aus anderen Bereichen des Landratsamtes abgezogen werden, um übergangsweise an den Wertstoffhöfen auszuhelfen. „Anstatt einer Verbesserung hat sich die Lage in den vergangenen Woche zusehends verschlechtert“, kritisiert der frühere Leonberger Finanzbürgermeister. „Da muss dringend etwas geschen.“

Der Landrat hingegen hat zumindest bisher stets auf die hohe Belastung der Mitarbeiter in den Wertstoffhöfen hingewiesen. Schon jetzt würde das Personal nicht immer auf die Uhrzeit schauen, um dem starken Andrang Herr zu werden. Mehr ginge aber wirklich nicht, hat Roland Bernhard stets untermauert.

Dialogbereitschaft

Ob er diese Haltung auf Dauer weiter durchzieht, daran zweifelt zumindest Helmut Noë. „Ich habe den Landrat auf die Problematik angesprochen“, sagt der CDU-Fraktionschef im Gespräch mit unserer Zeitung. „Er hat mit mir Dialogbereitschaft signalisiert.“

Der sich abzeichnende Sinneswandel des Chefs der Kreisbehörde dürfte auch der tatsächlichen Situation geschuldet sein. „Ich dringe mit meinem Appellen nicht durch“, hatte sich Bernhard schon vor einigen Tagen gewundert, dass der Andrang an den Wertstoffhöfen unverändert anhält. Der schwäbischen Drang zum Aufräumen scheint doch mehr zu verfangen, als die Ermahnungen des Landrats.